Öl ist ein besonderer Stoff.
|
Region |
Prozent der
Weltölvorräte |
Europa (Russland u. Rumänien) |
18,4 % |
USA |
16,3 % |
Mexiko |
10,5 % |
Südamerika |
24,2 %. |
Asien (mit Naher Osten) |
28,4%. |
Afrika |
2,2
% |
Die Vorkommen in beiden Amerikas, den
USA, Mittel- und Südamerika (51% aller Vorkommen) waren Eigentum von
US-Unternehmen, die Vorkommen in Asien und im Nahen Osten (28,4% der
Weltvorräte) waren überwiegend in britischer Hand.
Jedes
kapitalistische Unternehmen, das irgendwo in der Welt Ölvorkommen
entdeckte, erwarb für wenig Geld den Besitz an diesen Vorkommen. Fremde
Eigentumsrechte am Boden und damit an den Bodenschätzen spielten in dieser
Zeit der Kolonialmächte und des Imperialismus eine weitaus geringere Rolle
als heute. Die damalige Welt gehörte den Großmächten und großen Konzernen
und die Menschen außerhalb der kapitalistischen Metropolen waren koloniale
Untertanen, die nichts zu melden hatten. Im Jahr 1939 herrschte die
britische Kolonialmacht noch über 446 Millionen koloniale Untertanen.
Frankreich, die Niederlande, Japan, die USA und alle anderen
Kolonialmächte herrschten zusammen über rund 260 Millionen Untertanen
(vgl. Franz Ansprenger: 295). Ein Dutzend kapitalistischer Staaten
herrschte über 700 Millionen kolonialer Untertanen, etwa ein Drittel der
damaligen Weltbevölkerung.
Die Bodenschätze in aller Welt waren in
der Hand der kapitalistischen Kolonialmächte und Öl gab es damals noch
genug auf dem eigenen Boden dieser Mächte. Öl war von Anfang an Zankapfel
zwischen konkurrierenden Firmen, aber noch nicht Zankapfel zwischen
Staaten. Die Kontrolle der Ölversorgung schuf noch keinen
Kriegsgrund.
„Bis einschließlich 1947 exportierte Amerika mehr Öl,
als es importierte. Doch dann kehrte die Bilanz sich um; 1948 übertraf die
Einfuhr von Rohöl und Ölprodukten erstmals die Ausfuhr.
Diese
Verschiebung verlieh der leidigen Frage der Versorgungssicherheit eine
neue Dimension. Die Lektionen aus dem Zweiten Weltkrieg, die wachsende
wirtschaftliche Bedeutung des Öls und die Größe der Vorkommen im Nahen
Osten trugen vor dem Hintergrund des beginnenden Kalten Krieges mit der
Sowjetunion dazu bei, den gesicherten Zugang zu diesem Öl zu einem
Kernelement des amerikanischen, britischen — und westeuropäischen —
Sicherheitsdenkens werden zu lassen. Öl war der Punkt, an dem
Außenpolitik, internationale Wirtschaftsbestrebungen, nationale Sicherheit
und Unternehmensinteressen konvergierten. Im Brennpunkt lag der Nahe
Osten. Dort waren die Firmen bereits mit dem raschen Ausbau der Förderung
und der Ausarbeitung neuer Arrangements zur Sicherung ihrer Positionen
beschäftigt.“ (Daniel Yergin: 518f)
2.
Entkolonialisierung des Erdöls
Die USA wollten als Hauptgewinner des Zweiten
Weltkriegs die Britischen Erölquellen im Nahen Osten beerben. Der
britische Verhandlungsführer Lord Halifax telegrafiert 1944 aus Washington
nach London, dass „’die Amerikaner
schockierend mit uns umspringen’. ... Roosevelt empfing ihn noch am selben
Abend im Weißen Haus. Ihr Gespräch konzentrierte sich auf den Nahen Osten.
Um zu einem Kompromiss zu kommen, zeigte Roosevelt ihm eine grobe Skizze,
die er von der Region gemacht hatte. ‚Das persische Öl ... gehört Ihnen.
Das Öl im Irak und in Kuwait teilen wird uns. Und was das saudische Öl
betrifft, das gehört uns.’“ (Daniel Yergin: 507f.)
Die weltweite
„Schutzmachtkontrolle (ging) nach und nach von
Großbritannien auf die Vereinigten Staaten über...“ (Daniel Yergin: 538.) Die
Machtverhältnisse auf dem Ölmarkt wurden neu gemischt. „Dadurch würde es zu einer grundlegenden Verschiebung
der Versorgung kommen: Europa würde grundsätzlich aus dem Nahen Osten
beliefert werden ...“ (Daniel
Yergin: 507.) „In der Nachkriegszeit verschob sich der
‚Schwerpunkt’ des Öls – nicht nur für die Konzerne, sondern auch für die
westlichen Nationen – in der Tat zum Nahen Osten. Die Folgen sollten für
alle Betroffenen von großer Tragweite sein.“ (Daniel Yergin:
532.)
In der Folgezeit kam „annähernd die Hälfte des Öls für Europa ... von
amerikanischen Firmen, was bedeutete, dass dafür in Dollar zu bezahlen
war. Für die meisten europäischen Länder war Öl der größte Einzelposten in
ihren Dollarbudgets. 1948 wurde geschätzt, dass in den folgenden vier
Jahren mehr als 20 Prozent der gesamten Marshall-Plan-Hilfe für die
Importe von Öl und Öltechnik aufgewendet werden mussten. ... Es blieb ...
die fundamentale Tatsache ..., dass der Marshall-Plan eine weitreichende
Veränderung in Europa ermöglichte und vorantrieb – den Übergang von einer
kohlegestützten Wirtschaft zu einer, die von importiertem Öl abhing.“ (Daniel Yergin: 535.) Aber das Öl musste
billig sein. Der britische Außenminister Bevin erklärte nach dem Krieg:
„Ohne
den Nahen Osten und sein (billiges, wb) Öl,
sehe er keine Hoffnung, dass es uns gelingen könnte, den Lebensstandard zu
erreichen, den wir für Großbritannien anstreben.“ (Daniel Yergin:
538.)
„In den späten 1940ern und frühen 1950ern lagen die
Ölkonzerne und die Regierungen praktisch unablässig im Streit um die
finanziellen Bedingungen, auf denen die Ölordnung der Nachkriegszeit
basieren sollte. Die Form dieses Streits war in den jeweiligen Ländern
unterschiedlich, aber das zentrale Ziel ... war immer dasselbe: die
Öleinkommen von den Ölgesellschaften weg und zu den Ölländern hin zu
verschieben. ... Der erste Schauplatz dieses gewaltigen Ringens war
Venezuela.“ (Daniel Yergin: 544.)
In Venezuela machte Öl im Jahr
1930 über 90 Prozent des gesamten Exporteinkommens aus. Aber die Gewinne
aus der Ölförderung in Venezuela gehörten den amerikanischen
Förderkonzernen. Die Bevölkerung des Landes lebte in größtem
Elend.
Nach langem Streit zwischen den Regierungen von Venezuela
und den USA, Standard Oil of New Jersey und Shell und vor dem Hintergrund
revolutionärer Bewegungen in ganz Lateinamerika wurde im Jahr 1943
„eine Einigung getroffen, die auf dem neuen Prinzip
der 50:50 Einnahmenteilung basierte. Es war ein Markstein in der
Geschichte der Ölindustrie.“ (Daniel Yergin: 546.) Dieser Meilenstein hatte notwendig
Auswirkungen auf andere Ölregionen.
„Eine venezolanische
Delegation verbreitete das ‚50:50-Konzept’ im ganzen Nahen Osten und
machte sich sogar die Mühe, seine Unterlagen ins Arabische zu übersetzen.
Die Venezolaner hatten diese zusätzlichen Kosten nicht nur aus Altruismus
auf sich genommen. In Caracas war es, wie Präsident Romulo Betancourt
bemerkte, ‚zunehmend deutlich, dass die Konkurrenz der hochvolumigen
Niedrig-Kosten-Produktion aus dem Nahen Osten eine ernste Bedrohung für
Venezuela war’. Der beste Ausweg war es, die Kosten zu steigern, was
einfach zu machen war, wenn die Staaten im Nahen Osten die Steuern
(auf die Ölförderung, wb) erhöhten.“ (Daniel Yergin: 553f.) Je
mehr die Ölförderstaaten Zugriff auf ihre Ressource Öl erhielten, desto
mehr waren sie auch daran interessiert, ihre Reichtümer nicht zu
verschenken.
Die Saudis setzten die 50:50 Regelung auch für ihre
Ölförderung durch: 50 Prozent der Fördergewinne entfiel an die
Förderfirma, 50 Prozent entfiel an die Regierung des Förderlandes. „Die 50:50-Vereinbarung zwischen (der britischen Ölfirma) Aramco und Saudi-Arabien vom Dezember
1950 wurde von einem Historiker des Niedergangs und Falls des britischen
Empire ganz zu Recht als eine ‚Revolution’ beschrieben – ‚eine ökonomische
und politische Wasserscheide, die nicht weniger signifikant war als die
Aufgabe der Macht in Indien und Pakistan.’“ (Daniel Yergin: 556.) Aber schon ein halbes Jahr nach der
Unterzeichnung des saudischen Abkommens bewies die vollständige Enteignung
der britischen Ölfirmen im benachbarten Iran, dass die 50:50-Regelung nur
eine halbkoloniale Übergangslösung, kein wirkliches Ende der kolonialen
Konflikte um die Kontrolle der Erdölvorkommen war.
„Nach den Vereinbarungen aus dem Jahr 1933 erhielt
der Iran nicht nur Förderzinsen, sondern auch 20 Prozent der auf der
ganzen Welt von der britischen Anglo-Iran Oil Company erzielten Gewinne.
Das waren günstigere Bedingungen, als sie von jeder anderen Ölfirma
gewährt wurden.“ (Daniel Yergin: 563.) Doch mit dem Schwinden der britischen Weltmacht,
forderten immer mehr politische Kräfte im Iran die völlige Enteignung der
britischen Öl-Firma.
Im Herbst 1950, quasi im letzten Moment, machte
die Anglo-Iran Oil Company noch „das Angebot, dem Iran 50 Prozent der
Einkünfte aus dem Ölgeschäft zuzustehen. Es war nicht mehr genug. Die
ganze Opposition im Iran hatte nur noch ein Thema: die verhasste
Ölgesellschaft. Sie wurde angeführt von dem alten Feuerkopf Mohammed
Mossadeq, dem Vorsitzenden des Ölausschusses im Parlament. ‚Die Quelle
allen Unheils für diese gequälte Nation ist allein die Ölgesellschaft’,
erklärte Mossadeq. ... Das Parlament verabschiedete einen Beschluss zur
Verstaatlichung der Ölindustrie.“ (Daniel Yergin:
566.)
„Unmittelbar nach der Verstaatlichung der
Anglo-Iranian Oil Company ... gingen die Briten eiligst daran, ihre
Optionen durchzudenken. Sie hatten das Gefühl, unbedingt etwas zur Rettung
ihres wertvollsten ausländischen Vermögens und ihres wichtigsten
Erdöllieferanten unternehmen zu müssen. Aber was? Das Kabinett beriet den
Plan Y, der für den Notfall eine militärische Intervention vorsah. Die
Ölfelder im Inneren des Landes waren zu abgelegen, um ohne weiteres in
Besitz genommen zu werden, aber die Insel Abadan, auf der sich die größte
Raffinerie der Welt befand, war relativ einfach zu erreichen... Mit Hilfe
des Überraschungsmoments konnte Abadan eingenommen werden. Vielleicht
würde eine rasche Machtdemonstration genügen, sich Respekt zu verschaffen
und die Lage zu verbessern. Vielleicht aber auch nicht. ... Die Regierung
der Vereinigten Staaten riet mit großem Nachdruck von einer bewaffneten
Intervention ab, denn sie fürchtete, ein solches britisches Vorgehen im
Süden werde den Russen den Vorwand geben, im Norden in den Iran
einzufallen... Großbritanniens eigene Streitkräfte waren begrenzt, und
aufgrund seiner prekären Zahlungsbilanz konnte das Land eine längere
militärische Auseinandersetzung nicht durchstehen. ... Dennoch, wenn
Großbritannien hier nachgab, argumentierten die Kabinettsmitglieder, würde
seine ganze Position im Nahen Osten untergraben werden.“ (Daniel
Yergin: 570.)
„Indessen kamen die (iranische, wb) Ölförderung und der Betrieb in der Raffinerie
(von Abadan, wb)
allmählich zum Stillstand.
Den Briten gelang es, ein Embargo durchzusetzen, indem sie den Reedern der
Tanker drohten, gerichtlich gegen sie vorzugehen, wenn sie es wagen
sollten, ‚gestohlenes Öl’ zu verschiffen. Außerdem verhängte
Großbritannien ein Embargo über Waffenlieferungen in den Iran, und die
Bank von England verweigerte der iranischen Regierung jede finanzielle und
handelswirtschaftliche Dienstleistung. Mit anderen Worten, die Briten
begegneten der Enteignung mit einem Wirtschaftskrieg.“ (Daniel Yergin: 576.) Gleichzeitig wurde
insgeheim der militärische Krieg vorbereitet. „Die geheimen militärischen Vorbereitungen waren im
September 1951 bereits so weit abgeschlossen, dass die Operation in
weniger als zwölf Stunden beginnen konnte.“ (Daniel Yergin:
577.)
„Am 25. September 1951 gab Mossadeq den letzten
britischen Angestellten in Abadan genau eine Woche Zeit, die Anlagen zu
räumen. Wenige Tage später rief Ayatollah Kaschani einen nationalen
Feiertag aus – ‚den Tag des Hasses auf die britische Regierung’. ... Es
war ein demütigender Tiefpunkt in Großbritanniens sechs Nachkriegsjahren
des imperialen Niedergangs. Die erste der großen Ölkonzessionen im Nahen
Osten war auch die erste, die einseitig gekündigt worden war.“ (Daniel
Yergin: 577f.)
Weitere einseitige Kündigungen, weitere
Verstaatlichungen von ausländischen Ölförderfirmen folgten.
Das
Ergebnis war der schrittweise Übergang aller ausländischen Förderfirmen in
die Hände der Förderstaaten. Mitte der 70er Jahre war ein großer Teil des
Weltvorräte an Erdöl der Kontrolle der kapitalistischen Großmächte
entrissen worden.
Mit der Entkolonialisierung verloren die
kapitalistischen Großmächte die direkte Verfügungsgewalt über fremde
Reichtümer und Bodenschätze. Im Jahr 1973 herrschte Großbritannien nur
noch über 11 Millionen koloniale Untertanen, alle anderen kapitalistischen
Staaten über 24 Millionen. (vgl. Franz Ansprenger: 297.) Das waren nun
weniger als ein Prozent der damaligen Weltbevölkerung (vgl. Carlo M.
Cipolla: 96). Dieser Verlust an Monopolgebieten – und eine Kolonie ist
nichts anderes als ein regionales Wirtschaftsmonopol – war die
antikapitalistische Weltrevolution der Jahre 1945 bis
1975.
Auf den Ölmarkt und den Ölpreis hatte das um so
größere Wirkung, als gleichzeitig die eigenen Ölvorräte der
Kapitalnationen gegenüber dem wachsenden Weltverbrauch zunehmend an
Bedeutung verloren. Das Erdöl wurde zunehmend aus einem eigenen
Industrieprodukt der kapitalistischen Großmächte zu einem Rohstoff, der
aus dem Ausland importiert werden musste. Der Ölpreis stieg dauerhaft,
weil die Ölförderländer jetzt in der Lage waren, den Extraprofit
einzustreichen, den sich die Ölfördergesellschaften bisher mit den
Raffinerien und Transportgesellschaften geteilt hatten.
3. Mit den
Kriegen auf dem Balkan, in Afghanistan und im Irak sollen 50 Jahre
Entkolonialisierung rückgängig gemacht werden.
Mit dem wirtschaftlichen und politischen Zusammenbruch
der Sowjetunion ist die politische und militärische Blockade der
kapitalistischen Mächte entfallen. Diese gewachsene Handlungsfreiheit
nutzten sie sofort in den Balkankriegen (Bosnien und Kosovo), die
Jugoslawien als unbequeme und selbständige Macht auf dem Balkan
beseitigten und den gesamten Balkan unter die Kontrolle der Europäischen
Union und der NATO brachten. Auch die EU-Osterweiterung und die
NATO-Erweiterung nach Osten brachten und bringen eine Machtausdehnung der
alten Kolonialmächte.
In gewisser Weise spielte der Irak-Krieg für die
Golfregion die Rolle, die die Bosnien- und Kosovo-Kriege auf dem Balkan
spielten: Die Unterwerfung einer selbständigen Regional-Macht soll die
Kontrolle über ganze umliegende Region verschaffen – bei Jugoslawien die
Kontrolle über den Balkan, beim Irak über die Ölregion des Nahen
Ostens.
„Hinter der US-Kampagne gegen
den internationalen Terrorismus steht die Militarisierung großer
Weltregionen, die zu dem führt, was man am besten als ‚Amerikanisches
Imperium’ beschreiben kann. Das verschwiegene Ziel dieses Krieges ist die
Rekolonialisierung ... – eine Rekolonialisierung, bei der es darum geht,
... souveräne Staaten in ... (koloniale oder halbkoloniale, wb) Territorien zu verwandeln.“ (Michel Chossudovsky: 414.)
Falls es den USA im
Bündnis mit anderen Kapitalnationen gelingt, die direkte Kontrolle über
die Ölquellen im Nahen Osten zurückzuerobern, dann wird der Ölpreis
keineswegs sinken. Der Monopol- und Extraprofit, den Grundbesitzer für die
Nutzung von Grund und Boden einstreichen, verschwindet auch keineswegs
dadurch, dass der Boden seinen Besitzer wechselt. Aber die Extraprofite
und Monopolprofite, die das billig zu fördernde Öl im Nahen Osten
garantiert, werden nicht mehr von den arabischen Regierungen, sondern
wieder wie früher von westlichen kapitalistischen Konzernen eingestrichen.
„Der Gegensatz der Konkurrenz ist das Monopol. ... Es ist
leicht einzusehen, dass dieser Gegensatz ... ein durchaus hohler ist.
Jeder Konkurrierende muss wünschen, das Monopol zu haben, mag er
Arbeiter, Kapitalist oder Grundbesitzer sein. Jede kleinere Gesamtheit von
Konkurrenten muss wünschen, das Monopol für sich gegen alle anderen zu
haben. Die Konkurrenz beruht auf dem Interesse, und das Interesse erzeugt
wieder das Monopol; kurz, die Konkurrenz geht in das Monopol über.“
(Friedrich Engels, Umrisse, MEW 1, 513f.)
Erst seit dem Zweiten
Weltkrieg sind die großen Ölverbraucherländer andere als die großen
Ölförderländer. Das führt unter den gegebenen Umständen zwischen
Produzenten und Verbrauchern und auch zwischen den ums Öl konkurrierenden
Verbraucherländern zwangsläufig zu Interessenkonflikten bis hin zum Krieg.
Die Produzentenländer haben ein natürliches Monopol am Erdöl. Je weniger
ein Monopol mit wirtschaftlichen Mitteln gebrochen werden kann, etwa durch
zusätzliche Konkurrenzproduktion oder Verbrauchssubstitution, desto
wertvoller ist dieses Monopol. Erdöl kann jedoch wie Grund und Boden nicht
beliebig vermehrt werden und der Erdölverbrauch kann nur in Grenzen durch
andere Energiequellen und Rohstoffe ersetzt werden. Ein solches Monopol
kann einem Besitzer nur gewaltsam, mit außerökonomischen Mitteln,
entrissen werden, aber es verschwindet dadurch nicht, sondern es wechselt
nur die Nutznießer.
Großmächte setzen militärische Mittel
vor allem in den Zeiten ihres Aufstieges und ihres Niedergangs ein. Der
erste und der zweite Weltkrieg brachten den USA ihren Weltmachtstatus. Auf
dem Gipfel der Macht konnten die USA mittels eines „Dollarimperialismus“
herrschen und möglichst andere die schmutzigen Kriege in ihrem Interesse
führen lassen.
Ihr Engagement in Vietnam war dann der Anfang vom Ende.
Heute sind die USA eine Weltmacht im Niedergang wie Großbritannien nach
1945. Die Wirtschaftskraft der USA reicht nicht mehr aus, um ihre
Interessen mit wirtschaftlichen und politischen Mitteln durchzusetzen. Die
USA sind ein Militär-Koloss auf wirtschaftlich tönernen Füßen - ähnlich
wie die Sowjetunion vor ihrem Zerfall.
Bei Großbritannien hatte es nach
dem zweiten Weltkrieg noch rund 30 Jahre gedauert, bis die herrschende
Klasse diesen Niedergang verstanden und akzeptiert hatte. Wir müssen beim
Niedergang der Weltmacht USA mit ähnlichen Zeiträumen rechnen. Allerdings
konnte Großbritannien damals im Windschatten der neuen Weltmacht USA
segeln. Die USA haben diesen Vorteil nicht. Je mehr sich die USA in
kriegerische Konflikte verstricken, desto mehr beschleunigt sich ihr
Niedergang.
Literatur:
Franz Ansprenger, Auflösung der
Kolonialreiche, dtv-Weltgeschichte Bd. 13.
Michel Chossudovsky, Global
– Brutal. Der entfesselte Welthandel, die Armut, der Krieg. 1. Aufl. 2002.
7. Auflage 2002.
Carlo M. Cipolla, Wirtschaftsgeschichte und
Weltbevölkerung, dtv 1972.
Dresdner Bank, Die wirtschaftlichen Kräfte
der Welt. Berlin 1930
Daniel Yergin, Der Preis. Die Jagd nach Öl, Geld
und Macht. 1991.
Wal Buchenberg, 1.6.2003