Milliardäre in Deutschland  A – Z
Mein Resümee

Die 47 aufgeführten Milliardärsfamilien verfügten 1996 über ein Gesamtvermögen von gut 130 Milliarden Euro, womit über die Arbeitskraft von mehr als 1,5 Millionen Lohnarbeitern kommandiert wird.
Zum Vergleich: Ein ägyptischer Pharao konnte in den besten Zeiten die Arbeitskraft von rund 3 Millionen Bauern und Handwerkern kommandieren (Alte, Frauen und Kinder nicht gerechnet), erreichte aber damit nur einen kümmerlichen Prozentsatz des Reichtums der modernen Pharaonen.
Wie die ägyptischen Pharaonen in ihre mächtige Position kamen, ist noch umstritten. Ist es ein ähnliches Rätsel, wie ein heutiger Milliardär seine soziale Macht erlangt?

1. In erster Generation zur Milliarde haben es nur rund 13 % aller Milliardäre gebracht (Hector, Hopp, Plattner, Tschira, Aldi, Kirch). Wodurch wurden diese Milliardäre in erster Generation so reich? Indem sie es schafften, ein Monopol für ihr Produkt zu errichten: SAP mit Industrie-Software, Aldi mit Verkauf aus Pappkartons, Kirch mit Filmrechten fürs Fernsehen.

2. Die anderen Milliardäre hatten uns reiche Eltern voraus. Diese Milliardäre beherrschen weniger die Kunst, Kapital zu akkumulieren, als vielmehr das Geschick, ererbtes Kapital im Familienbesitz zusammenzuhalten. Ihre Fähigkeiten liegen also weniger im wirtschaftlichen, als vielmehr im zwischenmenschlichen Bereich.
Sei es, dass ein Familiendespot (z.B. Piech, Mohn) die Verwandtschaft im Zaum hält, die wie ein Adelsstammbaum Hunderte von Mitgliedern haben kann (Siemens-Familie mit 180 Mitgliedern, Werhahn-Familie mit 190, Haniel-Familie mit 930), oder dass Besitz und Familie durch einen gewählten Familienrat und Konsensbildung (z.B. Merck) zusammengehalten wird. Wer funktionierendes Familienleben kennen lernen will, soll eine Milliardärsfamilie studieren. Da lohnt es sich familiär zu sein.

3. Aktive Kapitalisten sind eine aussterbende Art. (Vergleiche dazu: Kapitalisten als aussterbende Art).
Beherrschten früher große Kapitalisten die Kernbereiche der deutschen Wirtschaft: Kohle, Stahl, Rüstung, Chemie und Elektro, so findet man die Reichen und Mächtigen des heutigen Deutschland als Herrscher von Ladenketten, Baumärkten und Arzneimitteln.
Nachdem die Großkapitalisten alle wichtigen Kommandohöhen der deutschen Wirtschaft an (hoch)bezahlte, lohnabhängige Manager abgegeben haben, bleiben nur noch die Maulwurfshügel der deutschen Wirtschaft als Befehlsstände über die Arbeit tausender Lohnarbeiter übrig.
27 % der deutschen Milliardäre befehligen Lebensmittelläden und Kaufhausketten bzw. vertreiben dort ihre Produkte (Aldi, Beisheim, Haniel, Haub, Henkel, Herz, Kipp, Leibbrand, Mann, Oetker, Otto, Reimann, Schickedanz, Schmidt-Ruthenbeck, Schörghuber, Schwarz, Simon).
Zählt man zu dieser Gruppe noch die Arzneimittelhersteller (10 % der Milliardäre: Boehringer, Engelhorn, Herz, Merck, Merckle, Ströher) hinzu plus die Hersteller langlebiger Konsumgüter (Siemens, Bosch, Flick, Piech, Porsche, Quandt), dann finden wir fast die Hälfte der Milliardäre im Bereich (Massen)Konsum.
Aber auch diese Maulwurfshügel bröckeln unter vielen Füßen: Wirtschaftlich und/oder familiär angeschlagene Milliardäre sind derzeit Conle (LTU), Diehl, Gerling, Haffa, Haub, Herz, Jahr, Kirch, Schickedanz und Schörghuber.
Vom aktiven Unternehmertum haben sich rund 18 % unserer Milliardäre ganz verabschiedet (Beisheim, Bosch, Conle, Engelhorn, Finck, Flick, Hector, Kipp, Schmidt-Ruthenbeck, Siemens, Thurn und Taxis). Hier bleibt nicht einmal der kleinste Anschein, dass sich ihr Reichtum durch eigene Arbeit erhielte oder gar vermehrte.

4. Was sonst? Im Medienbereich finden wir rund 11 % der Milliardäre (Brost, Funke, Haffa, Jahr, Kirch, Mohn), in Reisedienstleistungen 5 % (Conle, Kipp, Oetker). Im unproduktiven Konsum-Dienstleistungsbereich also insgesamt rund 16 %.
Für Software stehen mit dem SAP-Quartett rund 6 % der Milliardäre (Hector, Hopp, Plattner, Tschira), im Finanzbereich ebenfalls 6 % (Finck, Gerling, Oetker, Oppenheim), im produktiven Unternehmens-Dienstleistungsbereich finden wir also rund 12 % aller Milliardäre.

5. In den früheren Kernbereichen der Möchte-Gern-Weltmacht Deutschland überlebten nur 18 % der Milliardäre: In der Rüstung 5 % (Diehl, Röchling, Siemens), im Investitionsgüterbereich 13 % (Freudenberg, Haniel, Knauf, Merckle, Röchling, Siemens, Werhahn, Würth), im Energiebereich 2 % (Werhahn).

6. Was bleibt noch? Grundbesitz und Immobilien mit 6 % der Milliardäre (Finck, Kipp, Schörghuber, Thurn und Taxis).

7. Übrigens: Keiner unserer Milliardäre hat sein Vermögen an der Börse gemacht. Aber wenigstens ein ehemaliger Milliardär hat ein Vermögen an der Börse verloren (Haffa).

Wal Buchenberg, 31.12.2001.