DGB-Umfrage: Lohnarbeit ist keine gute Arbeit

Der DGB machte sich mit einer umfänglichen Untersuchung auf die Suche nach "guter (Lohn)Arbeit" und befragte in diesem Jahr dazu fast 7000 Lohnabhängige in der Bundesrepublik. Ganze 13 Prozent der Befragten meinten, ihr Lohnarbeitsverhältnis sei eine "gute Arbeit". 87 Prozent hatten an ihrer Arbeit mehr oder minder viel auszusetzen. Davon hatten 32 Prozent sehr viel auszusetzen und hielten ihre Arbeit für unzumutbar und schlecht.

In den Augen der großen Mehrzahl der Lohnarbeiter ist Lohnarbeit keine gute Arbeit.

 Der DGB ist in seinem Urteil zwar nicht so konsequent, aber dennoch lohnt sich der Blick auf einige seiner Detailergebnisse.

So geht derzeit "nur jeder zweite Beschäftigte ... davon aus, dass sie/er den derzeitigen Arbeitsbedingungen bis zum Eintritt ins Rentenalter standhalten wird." (DGB-Report: 13).

 Die Meinungsforscher des DGB dachten sich 15 (!) "Dimensionen" aus, "an deren Gestaltung die Qualität der Arbeit zu messen ist." (DGB-Report: 9)

Betrachtet wird mit diesen "Dimensionen" allerdings nur, was es an lohnabhängigen Arbeitsbedingungen heute in Deutschland gibt. Diese "Dimensionen" richten den Blick nicht auf die großen Unterschiede zwischen den heutigen Arbeitsbedingungen und dem, was an Arbeitsqualität außerhalb von Profitinteressen möglich und was zum Beispiel durch genossenschaftliche Arbeit längst machbar wäre.

 Schauen wir uns die Ergebnisse im Einzelnen an:

 

(Von den "15 Dimensionen" des DGB wurden 12 in diese Grafik übernommen. Mit "Kreativität" weiß ich außerhalb von künstlerischen Berufen nichts anzufangen. "Betriebskultur" ist mir ganz fremd und auch "emotionale Anforderungen" kann ich nur schwer in den Berufsalltag einordnen.)

 Folgendes entnehme ich diesen Daten:

60 Prozent der Lohnarbeiter sind mit ihrem Lohn ausgesprochen unzufrieden (Dimension 12) und jede/r zweite aktive LohnarbeiterIn (51 Prozent) fürchtet um ihre/seine Arbeitsplatzsicherheit (Dimension 10).

 Die Frage nach dem Lohn und die Frage nach der Arbeitsplatzsicherheit sind für den DGB allerdings nur zwei beliebige Themen unter 15, obwohl die mit Lohn bezahlte Arbeit die alleinige Existenzgrundlage für Lohnarbeiter ist. Reicht uns der Lohn nicht für ein anständiges Leben, dann zählt auch eine "sinnvolle Arbeit" gar nichts, in der wie jede Menge "Anerkennung" bekommen können.

 Jede ehrenamtliche Arbeit mag sinnvoll sein und Anerkennung bringen, aber da sie kein Einkommen bringt, taugt sie nicht als Existenzgrundlage. Eine Arbeit, die keine gute Existenzgrundlage bietet, ist niemals eine "gute Arbeit". Nach den 15 "Dimensionen" des DGB ist jede Ehrenarbeit eine wirklich "gute Arbeit". So weltfremd sind die Kriterien des DGB.

 Auch in Bezug auf die Verursacher von Arbeitsbedingungen unterscheiden die DGB-Kriterien nicht und vergleichen hier Äpfel mit Kartoffeln: Die "Kollegialität" im Betrieb hängt weitgehend vom Verhalten der Lohnarbeiter untereinander ab - damit sind nur 23 Prozent unzufrieden. Die meisten anderen Aspekte des Arbeitslebens wie Arbeitszeit, Arbeitsintensität und Lohnhöhe werden jedoch im wesentlichen von den Kapitaleignern und ihrer Geschäftsführung gestaltet und vorgegeben.

 Dass heutige (Lohn)Arbeit streng hierarchisch geordnet ist, akzeptiert der DGB, indem er nach "Aufstiegsmöglichkeiten und Karriere" (Dimension 11) und nach dem "Führungsstil" der Vorgesetzten (Dimension 6) fragen lässt. Aufstiegsmöglichkeiten werden von der Mehrheit vermisst (53%). Der Führungsstil der Vorgesetzten wird von 35 Prozent kritisiert. Das halte ich noch für einen vergleichsweise positiven Wert.

 Und noch einen schwerwiegenden Mangel hat diese Umfrage: Der DGB konstatiert, dass die Arbeitszufriedenheit gegenüber dem Vorjahr gestiegen sei. Wenn nur die aktiven Lohnarbeiter nach ihrer Zufriedenheit gefragt werden, dann lässt sich die "Zufriedenheit" umso mehr steigern, je mehr Unzufriedene gekündigt und in die Arbeitslosigkeit geschickt werden.

 Lohnabhängig sind aber sowohl Leute mit Arbeit wie Leute ohne Arbeit (und ohne Vermögen). HartzIV-Empfänger sind lohnabhängig, denn ihr Einkommen wird aus der gesellschaftlichen Gesamtlohnsumme bezahlt und die Höhe von HartzIV orientiert sich an der unteren Lohngrenze.

Wer die Arbeits- und Lebensverhältnisse in "unserem" Land beurteilen will, der muss allerdings auch die Verhältnisse derjenigen mitberücksichtigen, die keine (Lohn)Arbeit finden oder die keinen Bock haben auf schlechte (Lohn)Arbeit.

Die Datenbasis der Grafik:

 Die komplette Umfrage des DGB

 W. Buchenberg, 28.06.2008

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