Kapital 3.182-189
10. Kapitel
Ausgleichung der allgemeinen Profitrate durch die Konkurrenz.
Marktpreise und Marktwerte. Surplusprofit.
„Ein Teil der Produktionssphären hat eine mittlere oder Durchschnittszusammensetzung des in ihnen angewandten Kapitals, d.h. ganz oder annähernd die Zusammensetzung des gesellschaftlichen Durchschnittkapitals. In diesen Sphären fällt der Produktionspreis der produzierten Waren mit ihrem in Geld ausgedrückten Wert ganz oder annähernd zusammen.“ K. Marx, Kapital 3.: 182.
„Die Konkurrenz verteilt das Gesellschaftskapital so zwischen die verschiedenen Produktionssphären, dass die Produktionspreise in einer jeden Sphäre gebildet werden nach dem Muster der Produktionspreise in diesen Sphären der mittleren Zusammensetzung...
Diese Durchschnittsprofitrate ist aber nichts anderes als der prozentig berechnete Profit in jener Sphäre der mittleren Zusammensetzung, wo also der Profit zusammenfällt mit dem Mehrwert.
Die Profitrate ist also in allen Produktionssphären dieselbe, nämlich ausgeglichen auf diejenige dieser mittleren Produktionssphären, wo die Durchschnittszusammensetzung des Kapitals herrscht.
Hiernach muss die Summe der Profite aller verschiedenen Produktionssphären gleich sein der Summe der Mehrwerte und die Summe der Produktionspreise des gesellschaftlichen Gesamtprodukts gleich der Summe seiner Werte.“ K. Marx, Kapital 3.: 182.
„Für die Kapitale von mittlerer oder annähernd mittlerer Zusammensetzung fällt der Produktionspreis also mit dem Wert ganz oder annähernd zusammen, und der Profit mit dem von ihnen erzeugten Mehrwert.
Alle anderen Kapitale ... streben unter dem Druck der Konkurrenz, sich mit diesen auszugleichen.
Da aber die Kapitale mittlerer Zusammensetzung gleich oder annähernd gleich sind dem gesellschaftlichen Durchschnittskapital, so streben alle Kapitale, welches immer der von ihnen selbst erzeugte Mehrwert, an Stelle dieses Mehrwerts den Durchschnittsprofit durch die Preise ihrer Waren zu realisieren....“ K. Marx, Kapital 3.: 183.
“Es ist klar, dass der Durchschnittsprofit nichts sein kann als die Gesamtmasse des Mehrwerts, verteilt auf die Kapitalmassen in jeder Produktionssphäre nach Verhältnis ihrer Größen.
Es ist das Ganze der realisierten unbezahlten Arbeit, und diese Gesamtmasse stellt sich dar, ebenso gut wie die bezahlte tote und lebendige Arbeit, in der Gesamtmasse von Waren und Geld, die den Kapitalisten zufällt.
Die eigentlich schwierige Frage ist hier die: Wie diese Ausgleichung der Profite zur allgemeinen Profitrate vorgeht, da sie offenbar ein Resultat ist und nicht ein Ausgangspunkt sein kann.“ K. Marx, Kapital 3.: 183.
„Es ist zunächst klar, dass eine Schätzung der Warenwerte, z.B. in Geld, nur das Resultat ihres Austausches sein kann und dass, wenn wir daher solche Schätzung voraussetzen, wir sie als das Ergebnis wirklicher Austausche von Warenwert gegen Warenwert zu betrachten haben.
Aber wie soll dieser Austausch der Waren zu ihren wirklichen Werten zustande gekommen sein?“ K. Marx, Kapital 3.: 184.
Austausch zu Werten auf einer historisch früheren Entwicklungsstufe
(Warenproduktion von selbst arbeitenden Kleineigentümern):

„In welcher Weise immer die Preise der verschiedenen Waren zuerst gegeneinander festgesetzt oder geregelt sein mögen, das Wertgesetz beherrscht ihre Bewegung. Wo die zu ihrer Produktion nötige Arbeitszeit fällt, fallen die Preise, wo sie steigt, steigen die Preise, bei sonst gleichbleibenden Umständen.
Abgesehen von der Beherrschung der Preise und der Preisbewegung durch das Wertgesetz, ist es also durchaus sachgemäß, die Werte der Waren nicht nur theoretisch, sondern historisch als Frühere der Produktionspreise zu betrachten.
Es gilt dies für Zustände, wo dem Arbeiter die Produktionsmittel gehören, und dieser Zustand findet sich, in der alten wie in der modernen Welt, beim selbst arbeitenden grundbesitzenden Bauer und beim Handwerker.
Es stimmt dies auch mit unserer früher ausgesprochenen Ansicht, dass die Entwicklung der Produkte zu Waren entspringt durch den Austausch zwischen verschiedenen Gemeinwesen, nicht zwischen Gliedern einer und derselben Gemeinde.
Wie für diesen ursprünglichen Zustand, so gilt es für die späteren Zustände, die auf Sklaverei und Leibeigenschaft gegründet sind, und für die Zunftorganisation des Handwerks, solange die in jedem Produktionszweig festgelegten Produktionsmittel nur mit Schwierigkeit aus der einen Sphäre in die andere übertragbar sind und die verschiedenen Produktionssphären sich daher innerhalb gewisser Grenzen zueinander verhalten wie fremde Länder oder kommunistische Gemeinwesen.“ K. Marx, Kapital 3.: 186f.
“Der springende Punkt wird ... heraustreten, wenn wir die Sache so fassen:
Unterstelle, die Arbeiter (= Produzenten) seien im Besitz ihrer jeweiligen Produktionsmittel und tauschten ihre Waren miteinander aus. Diese Waren wären dann nicht Produkte des Kapitals.
Je nach der technischen Natur ihrer Arbeiten wäre der Wert der in den verschiedenen Arbeitszeigen angewandten Arbeitsmittel und Arbeitsstoffe verschieden;
ebenso wäre, abgesehen von dem ungleichen Wert der angewandten Produktionsmittel, verschiedene Masse derselben nötig für die gegebene Arbeitsmasse, je nachdem eine bestimmte Ware in einer Stunde fertiggemacht werden kann, eine andere erst in einem Tag etc.
Unterstelle ferner, dass diese Arbeiter im Durchschnitt gleich viel Zeit arbeiten, die Ausgleichungen eingerechnet, die aus verschiedener Intensität etc. der Arbeit hervorgehen.
Zwei Arbeiter hätten dann beide in den Waren, die das Produkt ihrer Tagesarbeit bilden, erstens ersetzt ihre Auslagen, die Kostpreise der verbrauchten Produktionsmittel. Diese wären verschieden je nach der technischen Natur ihrer Arbeitszweige.
Beide hätten zweitens gleich viel Neuwert geschaffen, nämlich den den Produktionsmitteln zugesetzten Arbeitstag. Es schlösse dies ein ihren Arbeitslohn plus dem Mehrwert, der Mehrarbeit über ihre notwendigen Bedürfnisse hinaus, deren Resultat aber ihnen selbst gehörte. ...
Aber erstens wären die Werte ihrer Waren verschieden.
In der Ware I (z.B. ein Messer) z.B. wäre mehr Wertteil für die aufgewandten Produktionsmittel (= Eisen) erhalten als in der Ware II (z.B. ein Paar Sandalen aus Leder), .... Der Wert dieser Waren I und II ist also sehr verschieden. ....
Die Profitraten wären auch sehr verschieden für I und II, wenn wir hier das Verhältnis des Mehrwerts zum Gesamtwert der ausgelegten Produktionsmittel die Profitrate nennen (Der Schmied braucht eine Esse, Amboss etc. Der Schuster hat solche Kosten fast nicht).
Die Lebensmittel, die I (Schmied) und II (Schuster) während der Produktion täglich verzehren und die den Arbeitslohn vertreten, werden hier den Teil der vorgeschossenen Produktionsmittel bilden, den wir sonst variables Kapital nennen.
Aber die Mehrwerte wären für gleiche Arbeitszeiten dieselben für I und II, oder noch genauer, da I (Schmied) und II (Schuster) jeder den Wert des Produkts eines Arbeitstages erhalten, erhalten sie, nach Abzug des Werts der vorgeschossenen ‚konstanten’ Elemente, gleiche Werte, wovon ein Teil als Ersatz der in der Produktion verzehrten Lebensmittel, der andere als darüber hinaus überschüssiger Mehrwert betrachtet werden kann.
Hat I (der Schmied) mehr Auslagen, so sind diese ersetzt durch den größeren Wertteil seiner Ware, der diesen ‚konstanten’ Teil ersetzt, und er hat daher auch wieder einen größeren Teil des Gesamtwertes seines Produkts rückzuverwandeln in die stofflichen Elemente dieses konstanten Teils (Esse, Amboss etc), während II (der Schuster), wenn er weniger dafür einkassiert, dafür auch um so weniger rückzuverwandeln hat.
Die Verschiedenheit der Profitrate wäre unter dieser Voraussetzung also ein gleichgültiger Umstand, ganz wie es heute für den Lohnarbeiter ein gleichgültiger Umstand ist, in welcher Profitrate das ihm abgepresste Quantum Mehrwert sich ausdrückt, und ganz wie im internationalen Handel die Verschiedenheit der Profitraten bei den verschiedenen Nationen für ihren Warenaustausch ein gleichgültiger Umstand ist.
Der Austausch von Waren zu ihren Werten oder annähernd zu ihren Werten erfordert also ein viel niedrigere Stufe als der Austausch zu Produktionspreisen, wozu ein bestimmte Höhe kapitalistischer Entwicklung nötig ist.“ K. Marx, Kapital 3.: 185 - 186.

„Damit die Preise, wozu Waren sich gegenseitig austauschen, ihren Werten annähernd entsprechen, ist nichts nötig, als dass
1. der Austausch der verschiedenen Werte aufhört, ein rein zufälliger oder nur gelegentlicher zu sein; (Regelmäßiger und gewohnheitsmäßiger Austausch von Werten wurde erst mit der landwirtschaftlichen Revolution möglich, als größere Menschengruppen sesshaft wurden.)
2. dass, soweit wir den direkten Warentausch betrachten, diese Waren beiderseits in den annähernd dem wechselseitigen Bedürfnis entsprechenden Verhältnismengen produziert werden, was die wechselseitige Erfahrung des Absatzes mitbringt und was so als Resultat aus dem fortgesetzten Austausch selbst herauswächst; und
3. soweit wir vom Verkauf sprechen, dass kein natürliches oder künstliches Monopol eine der Vertragsparteien befähige, über den Wert zu verkaufen, oder sie zwinge, unter ihm loszuschlagen.
Unter zufälligem Monopol verstehen wir das Monopol, das dem Käufer oder Verkäufer erwächst aus dem zufälligen Stand von Nachfrage und Angebot.“ K. Marx, Kapital 3.: 187.
“Die Annahme, dass die Waren der verschiedenen Produktionssphären sich zu ihren Werten verkaufen, bedeutet natürlich nur, dass ihr Wert der Gravitationspunkt ist, um den ihre Preise sich drehen und zu dem ihre beständigen Hebungen und Senkungen sich ausgleichen.
Es wird dann außerdem immer ein Marktwert - worüber später - zu unterscheiden sein von dem individuellen Wert der einzelnen Waren, die von den verschiedenen Produzenten produziert werden.“ K. Marx, Kapital 3.: 187.


Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Wal Buchenberg