Kapital 2.326 - 345 17. Kapitel Die
Zirkulation des Mehrwerts
„Wir haben bisher gesehen, dass die
Verschiedenheit in der Umschlagsperiode eine Verschiedenheit in der
Jahresrate des Mehrwerts erzeugt, selbst bei gleichbleibender Masse des
jährlich erzeugten Mehrwerts. Aber es findet ferner notwendig
Verschiedenheit statt in der Kapitalisation des Mehrwerts, der
Akkumulation, und insofern auch in der ... während des Jahrs
erzeugten Mehrwertmasse.“ K. Marx, Kapital 2.: 321.
I. Einfache Reproduktion „Bei einfacher
Reproduktion wird der jährlich oder mit mehreren Umschlägen innerhalb des
Jahres periodisch produzierte und realisierte Mehrwert individuell, d.h.
unproduktiv, konsumiert von seinen Eignern, den Kapitalisten.“ K. Marx,
Kapital 2.: 326. „Nehmen wir einen einzelnen Kapitalisten, der sein
Geschäft eröffnet, z.B. einen Pächter. Während des ersten Jahres schießt
er ein Geldkapital, sage von 500000 Euro vor, in Zahlung von
Produktionsmitteln (400000 Euro) und von Arbeitskraft (100000
Euro). Die Mehrwertrate sei 100 %, der von ihm angeeignete Mehrwert
= 100000 Euro. Die obigen 500000 Euro schließen alles Geld
ein, was er als Geldkapital vorschießt. Aber der Mann muss auch leben,
und er nimmt kein Geld ein vor Ende des Jahres. Sein Konsum betrage
100000 Euro. Diese muss er besitzen. Er schießt dies Geld nicht vor
als Kapital. Er verausgabt es, zahlt es fort für ein Äquivalent in
Lebensmitteln, die er verzehrt. Dieser Wert ist von ihm in Geld
verausgabt, in die Zirkulation geworfen und in Warenwerten entzogen
worden. Diese Warenwerte hat er verzehrt. .... Am Ende des Jahres nun
wirft er in die Zirkulation einen Warenwert von 600000 Euro und
verkauft ihn. Damit fließt für ihn zurück: 1. sein vorgeschossenes
Geldkapital von 500000 Euro; 2. der versilberte Mehrwert von
100000 Euro. Er hat 500000 Euro als Kapital vorgeschossen,
in die Zirkulation geworfen, und entzieht ihr 600000 Euro,
500000 Euro für Kapital und 100000 Euro für Mehrwert. Die
letzteren 100000 Euro sind versilbert mit dem Geld, das er selbst
nicht als Kapitalist, sondern als Konsument in die Zirkulation geworfen,
nicht vorgeschossen, sondern verausgabt hat. Sie kehren jetzt zu ihm
zurück als Geldform des von ihm produzierten Mehrwerts. Und von nun an
wiederholt sich diese Operation jährlich.“ K. Marx, Kapital 2.:
336. „In diesem Fall war angenommen, dass die Geldsumme, die der
Kapitalist bis zum ersten Rückfluss seines Kapitals zur Bestreitung seiner
individuellen Konsumtion in Zirkulation wirft, exakt gleich ist dem von
ihm produzierten und daher zu versilbernden Mehrwert. Dies ist
offenbar, mit Bezug auf den einzelnen Kapitalisten, eine willkürliche
Annahme. Aber sie muss richtig sein für die gesamte Kapitalistenklasse,
bei Unterstellung einfacher Reproduktion. Sie drückt nur dasselbe aus, was
diese Unterstellung besagt, nämlich dass der ganze Mehrwert....
unproduktiv verzehrt wird.“ K. Marx, Kapital 2.: 337. „In der Tat, so
paradox es auf den ersten Blick scheint, die Kapitalistenklasse selbst
wirft das Geld in Zirkulation, das zur Realisierung des in den Waren
steckenden Mehrwerts dient. Aber wohlgemerkt: sie wirft es hinein
nicht als vorgeschossenes Geld, also nicht als Kapital. Sie verausgabt es
als Kaufmittel für ihre individuelle Konsumtion. Es ist also nicht von ihr
vorgeschossen, obgleich sie der Ausgangspunkt seiner Zirkulation ist.“ K.
Marx, Kapital 2.: 335. „Dies Geld wird vom Kapitalisten nicht als
Kapital in Zirkulation geworfen. Wohl aber gehört es zur
Grundeigenschaft des Kapitalisten, dass er fähig ist, bis zum
Rückfluss von Mehrwert von den in seinem Besitz befindlichen Mitteln zu
leben.“ K. Marx, Kapital 2.: 336. „Schlüge sein Kapital öfter im Jahre
um, so ändert das nichts an der Sache, wohl aber an der Länge der Zeit und
daher an der Größe der Summe, die er über sein vorgeschossenes Geldkapital
hinaus für seine individuelle Konsumtion in Zirkulation zu werfen hätte.“
K. Marx, Kapital 2.: 336.
„Das Mehrprodukt ..., worin sich der Mehrwert
darstellt, kostet die Kapitalistenklasse nichts. Als Klasse besitzt und
genießt sie es umsonst, und daran kann die Geldzirkulation nichts ändern.
Die Veränderung, die diese vermittelt, besteht einfach darin, dass jeder
Kapitalist, statt sein Mehrprodukt in natura zu verzehren, was meist gar
nicht angeht, Waren aller Art bis zur Höhe des von ihm angeeigneten
Mehrwerts aus dem Gesamtstock des jährlichen gesellschaftlichen
Mehrprodukts herauszieht und sich aneignet. Aber der Mechanismus der
Zirkulation hat gezeigt, dass, wenn die Kapitalistenklasse Geld zur
Verausgabung von Revenue (=Mehrwert) in die Zirkulation
hineinwirft, sie selbiges Geld auch wieder der Zirkulation entzieht und
also denselben Prozess stets von neuem beginnen kann; dass sie also als
Kapitalistenklasse betrachtet, nach wie vor im Besitz dieser zur
Versilberung des Mehrwerts nötigen Geldsumme bleibt. Wenn also nicht
nur der Mehrwert, in Form von Waren, vom Kapitalisten für seinen
Konsumtionsfonds dem Warenmarkt entzogen wird, sondern zugleich das Geld,
womit er diese Waren kauft, an ihn zurückfließt, so hat er offenbar die
Waren ohne Äquivalent der Zirkulation entzogen. Sie kosten ihm nichts,
obgleich er sie mit Geld zahlt.“ K. Marx, Kapital 2.: 470f. „Das
Mehrprodukt ... kostet den Aneignern desselben, den Kapitalisten ... nichts. Die Kapitalisten
haben in keinerlei Art Geld oder Waren vorzuschießen, um es zu erhalten...
Was sie also vorschießen, ist nichts als ihr konstantes und variables
Kapital.“ K. Marx, Kapital 2.: 492.
Die für die Zirkulation nötige Geldmenge:
„Selbst die einfache Reproduktion unterstellt, muss ... ein Teil des
Mehrwerts beständig in Geld und nicht in Produkt existieren, weil er sonst
nicht zum Zweck der Konsumtion aus Geld in Produkt verwandelt
werden kann. Diese Verwandlung des Mehrwerts aus seiner ursprünglichen
Warenform in Geld ist hier weiter zu untersuchen. Zur Vereinfachung der
Sache wird die einfachste Form des Problems unterstellt, nämlich die
ausschließliche Zirkulation von Metallgeld, von Geld, welches wirkliches
Äquivalent ist.“ K. Marx, Kapital 2.: 327. „Nach den für die einfache
Warenzirkulation entwickelten Gesetzen (Buch I, Kap. III, Das Geld oder
die Warenzirkulation) muss die Masse des im Lande vorhandenen
Metallgelds nicht nur hinreichen, um die Waren zu zirkulieren. Sie muss
hinreichen für die Schwankungen des Geldumlaufs, die teils entspringen aus
Fluktuationen in der Geschwindigkeit der Zirkulation, teils aus dem
Preiswechsel der Waren, teils aus den verschiedenen und wechselnden
Proportionen, worin das Geld als Zahlungsmittel oder als eigentliches
Zirkulationsmittel fungiert. Das Verhältnis, worin die vorhandene
Geldmasse sich in Schatz und umlaufendes Geld spaltet, wechselt beständig,
aber die Masse des Geldes ist stets gleich der Summe des als Schatz und
als umlaufendes Geld vorhandenen Gelds. Diese Geldmasse (Masse edlen
Metalls) ist ein nach und nach akkumulierter Schatz der Gesellschaft.
Soweit ein Teil dieses Schatzes sich durch Verschleiß verzehrt, muss er
jährlich, wie jedes andre Produkt, neu ersetzt werden...“ K. Marx, Kapital
2.: 327. „Abgesehen von dem für Luxusartikel produzierten Gold oder
Silber muss das Minimum der jährlichen Gold- und
Silberproduktion gleich sein dem durch die jährliche Geldzirkulation
bewirkten Verschleiß der Geldmetalle. Ferner: Wächst die Wertsumme der
jährlich produzierten und zirkulierten Warenmasse, so muss auch die
jährliche Gold- und Silberproduktion wachsen, soweit die gewachsene
Wertsumme der zirkulierenden Waren und die für ihre Zirkulation (und
entsprechende Schatzbildung) erforderliche Geldmasse nicht kompensiert
wird durch größere Geschwindigkeit des Geldumlaufs und durch umfangreiche
Funktion des Gelds als Zahlungsmittel, d.h. durch größere gegenseitige
Saldierung der Käufe und Verkäufe ohne Dazwischentreten von
wirklichem Geld.“ K. Marx, Kapital 2.: 327. „Ein Teil der
gesellschaftlichen Arbeitskraft und ein Teil der gesellschaftlichen
Produktionsmittel muss also in der Produktion von Gold und Silber jährlich
verausgabt werden.“ K. Marx, Kapital 2.: 327. „Nach der Voraussetzung
aber ersetzt diese ganze jährliche Goldproduktion - wodurch beständig
Arbeitskraft und Produktionsstoffe, aber kein Geld dem Markt entzogen und
beständig zuschüssiges Geld ihm zugeführt wird - nur das während des
Jahres verschlissene Geld, hält also nur die gesellschaftliche Geldmasse
vollzählig, die beständig, wenn auch in wechselnden Portionen, in den zwei
Formen von Schatz und im Umlauf befindlichem Geld existiert.“ K. Marx,
Kapital 2.: 330. „Die ganze Summe Arbeitskraft und der
gesellschaftlichen Produktionsmittel, die in der jährlichen Produktion von
Gold und Silber als Instrumenten der Zirkulation verausgabt wird, bildet
einen schweren Posten der toten Kosten der kapitalistischen,
überhaupt der auf Warenproduktion gegründeten Produktionsweise. Sie
entzieht der gesellschaftlichen Ausnutzung eine entsprechende Summe
möglicher, zuschüssiger Mittel der Produktion und Konsumtion, d.h. des
wirklichen Reichtums. Soweit bei gleichbleibender gegebener
Stufenleiter der Produktion oder bei gegebenem Grad ihrer Ausdehnung die
Kosten dieser teuren Zirkulationsmaschinerie vermindert werden, soweit
wird dadurch die Produktivkraft der gesellschaftlichen Arbeit gesteigert.
Soweit also die mit dem Kreditwesen sich entwickelnden Aushilfsmittel
diese Wirkung haben, vermehren sie direkt den kapitalistischen Reichtum...
Andrerseits muss man sich keine mystischen Vorstellungen machen über die
produktive Kraft des Kreditwesens, soweit es Geldkapital zur Verfügung
stellt oder flüssig macht.“ K. Marx, Kapital 2.: 347. (Durch Einführung
von Papiergeld und der Ausweitung bargeldloser Zahlung wurden diese toten
Kosten für die Gesellschaft erheblich reduziert)
Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände
online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den
vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in
seinen eigenen Worten. Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung
des vorherigen Abschnitts voran. Auslassungen im laufenden Text sind
durch drei Punkte ... kenntlich
gemacht. Hervorhebungen von Marx sind normal fett
gedruckt. Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der
Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25. Wo es dem Verständnis dient, habe ich
veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch
Zahlenangaben modernisiert.
Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen,
stehen in kursiver Schrift. Rückfragen zum Text werde ich möglichst
rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen. Wal
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