Kapital 2.:260-287
“Alle bisher betrachteten Umstände, welche die Umlaufsperioden verschiedener, in verschiedenen Geschäftszweigen angelegter Kapitale differenzieren, daher auch die Zeiten, während deren Kapital vorgeschossen werden muss, entspringen innerhalb des Produktionsprozesses selbst, wie der Unterschied von fixem und flüssigen Kapital, der Unterschied in den Arbeitsperioden usw.
Die Umschlagszeit des Kapitals ist jedoch gleich der Summe seiner Produktionszeit und seiner Umlaufs- oder Zirkulationszeit. Es versteht sich daher von selbst, dass verschiedne Länge der Umlaufszeit die Umschlagszeit und daher die Länge der Umschlagsperiode verschieden macht.“ K. Marx, Kapital 2.: 251.
1) Verkaufszeit: „Der eine Abschnitt der Umlaufszeit - und der relativ entscheidendste - besteht aus der Verkaufszeit, der Epoche, worin das Kapital sich im Zustand von Warenkapital befindet. Je nach der relativen Größe dieser Frist verlängert oder verkürzt sich die Umlaufszeit und daher die Umschlagsperiode überhaupt. Es kann auch infolge von Aufbewahrungskosten etc. zuschüssige Auslage von Kapital notwendig werden.“ K. Marx, Kapital 2.: 251.
2) Einkaufzeit: „Kommen wir nun zur zweiten Epoche der Umlaufszeit: der Kaufzeit oder der Epoche, während deren das Kapital sich aus Geldform in die Elemente des produktiven Kapitals rückverwandelt. Während dieser Epoche muss es kürzere oder längere Zeit in seinem Zustand als Geldkapital verharren, also ein gewisser Teil des vorgeschossenen Gesamtkapitals sich fortwährend im Zustand des Geldkapitals befinden.“ K. Marx, Kapital 2.: 256.

15. Kapitel
Wirkung der Umschlagszeit auf die Größe des Kapitalvorschusses

a)Die Zirkulationszeit macht einerseits zusätzlichen Kapitalvorschuss nötig und lässt andererseits dieselbe Kapitalgröße zu einem späteren Zeitpunkt unbeschäftigt:
„In diesem und dem nächstfolgenden sechzehnten Kapital behandeln wir den Einfluss der Umschlagszeit auf die Verwertung des Kapitals.
Nehmen wir das Warenkapital, welches das Produkt einer Arbeitsperiode ist, z.B. von neun Wochen. Sehn wir einstweilen ab sowohl von dem Wertteil des Produkts, der ihm durch den Durchschnittsverschleiß des fixen Kapitals zugesetzt ist, wie von dem während des Produktionsprozesses ihm zugesetzten Mehrwert, so ist der Wert dieses Produkts gleich dem Wert des zu seiner Produktion vorgeschossenen flüssigen Kapitals, d. h. des Arbeitslohns und der in seiner Produktion aufgezehrten Roh- und Hilfsstoffe. Dieser Wert sei = 900000 Euro, so dass die Wochenauslage 100000 Euro beträgt. ...
Die Umlaufszeit dauere 3 Wochen. Die ganze Umschlagsperiode dauert also 12 Wochen.
Nach Verlauf der 9 Wochen ist das vorgeschossene produktive Kapital in Warenkapital verwandelt, aber es haust nun drei Wochen in der Zirkulationsperiode.
Der neue Produktionstermin kann also erst wieder beginnen Anfang der 13. Woche, und die Produktion wäre für drei Wochen stillgesetzt oder für ein Viertel der ganzen Umschlagsperiode.“ K. Marx, Kapital 2.: 260.

 

„Soll die Produktion daher kontinuierlich sein und Woche aus, Woche ein auf demselben Maßstab betrieben werden, so ist nun zweierlei möglich.
Entweder muss der Maßstab der Produktion verkürzt werden, so dass also die 900000 Euro reichen, um die Arbeit in Gang zu halten, sowohl während der Arbeitsperiode wie während der Umlaufszeit des ersten Umschlags. ...
900000 Euro auf 12 Wochen verteilt, gibt 75000 Euro wöchentlich. ...
Zunächst ist klar, dass eine solche verkürzte Stufenleiter des Geschäfts veränderte Dimensionen des fixen Kapitals, also überhaupt eine verkürzte Geschäftsauslage voraussetzt.
Zweitens ist es fraglich, ob diese Verkürzung überhaupt stattfinden kann, da der Entwicklung der Produktion in den verschiedenen Geschäften gemäß ein Normalminimum der Kapitalanlage besteht, unterhalb dessen das einzelne Geschäft konkurrenzunfähig wird. ...
Um die Produktion kontinuierlich zu machen, ist hier die Ausgabe desselben zirkulierenden Kapitals über eine größere Zeitlänge verteilt, über 12 Wochen statt über 9. In jedem gegebenen Zeitabschnitt fungiert also ein verkürztes produktives Kapital; der flüssige Teil des produktiven Kapitals ist verkürzt von 10000 auf 75000 oder um ein Viertel.“ K. Marx, Kapital 2.: 261.

„Nehmen wir aber umgekehrt an, die Anlage des Geschäfts schließe eine Verkürzung der Stufenleiter der Produktion und daher auch des wöchentlich vorzuschießenden flüssigen Kapitals aus, so kann die Kontinuität der Produktion nur erreicht werden durch ein zuschüssiges flüssiges Kapital, im obigen Fall von 300000 Euro.
Während der Umschlagsperiode von 12 Wochen werden allmählich 1200000 Euro vorgeschossen, davon 300000 der vierte Teil ist, wie 3 Wochen von 12.
Nach der Arbeitsperiode von 9 Wochen ist der Kapitalwert von 900000 Euro aus der Form von produktivem Kapital in die Form von Warenkapital verwandelt. Seine Arbeitsperiode ist beschlossen, aber sie kann nicht mit demselben Kapital erneuert werden. ...
Es wird hier von allen Kreditverhältnisses abgesehen und daher unterstellt, dass der Kapitalist nur mit eignem Kapital wirtschaftet.
Während aber das für die erste Arbeitsperiode vorgeschossene Kapital ... sich während 3 Wochen im Zirkulationsprozess aufhält, fungiert ein zuschüssig ausgelegtes Kapital von 300000 Euro, so dass die Kontinuität der Produktion nicht unterbrochen wird.“ K. Marx, Kapital 2.: 262.
„Was durch diese Verteilung des Kapitals in ursprünglich produktives und Zuschusskapital überhaupt erreicht ist, ist die ununterbrochene Aufeinanderfolge der Arbeitsperioden, die beständige Funktion eines gleich großen Teils des vorgeschossenen Kapitals als produktives Kapital.“ K. Marx, Kapital 2.: 268.“ K. Marx, Kapital 2.: 268.

„Es ist nun hierbei folgendes zu bemerken:
Erstens: Die Arbeitsperiode des zuerst vorgeschossenen Kapitals von 900000 Euro ist beendet nach 9 Wochen, und es fließt nicht zurück vor 3 Wochen, also erst mit Beginn der 13. Woche.
Aber eine neue Arbeitsperiode wird sofort wieder eröffnet mit dem zuschüssigen Kapital von 300000 Euro. Eben dadurch ist die Kontinuität der Produktion hergestellt.
Zweitens: Die Funktionen des ursprünglichen Kapitals von 900000 Euro und des am Schluss der ersten Arbeitsperiode von 9 Wochen neu zugeschossenen Kapitals von 300000 Euro, das die zweite Arbeitsperiode nach Schluss der ersten ohne Unterbrechung eröffnet, sind in der ersten Umschlagsperiode genau geschieden...., während sie dagegen im Verlauf der zweiten Umschlagsperiode einander durchkreuzen.“ K. Marx, Kapital 2.: 262f.
„Stellen wir uns die Sache sinnlich vor...“ K. Marx, Kapital 2.: 263.

 

Wir finden erstens: Es „durchkreuzen sich die Bewegungen der beiden Kapitale... schon von der zweiten Umschlagsperiode an. Es bildet dann das zuschüssige Kapital II zusammen mit einem Teil des Kapitals I das in der zweiten Umschlagsperiode fungierende Kapital, während der Rest des Kapitals I für die ursprüngliche Funktion des Kapitals II freigesetzt wird.“ K. Marx, Kapital 2.: 265.
„Zweitens: Das Kapital, welches während der Arbeitsperiode fungiert hat, liegt während der Umlaufszeit brach... Für diese Zeit tritt dann das Zuschusskapital II ein... Aber das zuschüssige Kapital, erforderlich, um die Kontinuität der Produktion während der Umlaufszeit zu bewirken, ist ... nur (bestimmt) durch das Verhältnis der Umlaufszeit zur Umschlagsperiode. (Es ist hier natürlich vorausgesetzt, dass sämtliche Umschläge unter denselben Bedingungen vorgehen.)“ K. Marx, Kapital 2.: 265.
„Je nach der verschiedenen Länge der Umschlagsperiode und dem verschiedenen Verhältnis ihrer beiden Bestandteil - Arbeitsperiode und Zirkulationsperiode - ist der Bestandteil des vorgeschossenen Kapitalwerts, der beständig in Geldform vorgeschossen und erneuert werden muss, verschieden im Verhältnis zu dem produktiven Kapital, das er in Bewegung setzt...“ K. Marx, Kapital 2.: 354.

„Ein sehr bedeutender Teil des jährlich mehrmals umschlagenden gesellschaftlichen zirkulierenden Kapitals wird sich also während des jährlichen Umschlagszyklus periodisch in der Form von freigesetztem Kapital befinden.“ K. Marx, Kapital 2.: 282.
„Drittens: Ob die Produktionszeit länger ist als die Arbeitszeit, ändert an den hier betrachteten Umständen nichts. Es werden dadurch allerdings die Gesamtumschlagsperioden verlängert, aber wegen dieses verlängerten Umschlags wird kein zuschüssiges Kapital für den Arbeitsprozess erheischt. Das zuschüssige Kapital hat nur den Zweck, die durch die Umlaufszeit entstehenden Lücken im Arbeitsprozess auszufüllen; es soll also die Produktion nur vor Störungen schützen, die aus der Umlaufszeit entspringen;“ K. Marx, Kapital 2.: 266.
„Viertens: ... Das Zuschusskapital teilt sich ein ganz wie das ursprüngliche. Was es aber von Kapital I unterscheidet, ist, dass es (von Kreditverhältnissen abgesehen), um für seine eigne Arbeitsperiode disponibel zu sein, vorgeschossen sein muss schon während der ganzen Dauer der ersten Arbeitsperiode von Kapital I, in die es nicht eingeht. Während dieser Zeit kann es, teilweise wenigstens, schon in konstantes zirkulierendes Kapital verwandelt werden, das für die ganze Umschlagsperiode vorgeschossen ist. Wieweit es diese Form annimmt oder wieweit es in der Form von zuschüssigem Geldkapital verharrt, bis zu dem Moment, wo diese Verwandlung notwendig wird, wird abhängen teils von den besonderen Produktionsbedingungen bestimmter Geschäftszweige, teils von Lokalumständen, teils von Preisschwankungen der Rohstoffe etc. Das gesellschaftliche Gesamtkapital betrachtet, wird sich stets ein mehr oder minder bedeutender Teil dieses zuschüssigen Kapitals für längere Zeit im Zustand des Geldkapitals befinden.“ K. Marx, Kapital 2.: 266f.
„Sehn wir uns nun das freigesetzte, in der Tat suspendierte Kapital näher an, so zeigt sich, dass ein bedeutender Teil desselben stets die Form von Geldkapital besitzen muss. Bleiben wir bei dem Beispiel: Arbeitsperiode 6 Wochen, Zirkulationsperiode 3 Wochen, Auslage per Woche 100000 Euro In der Mitte der zweiten Arbeitsperiode, Ende der 9. Woche, fließen 600000 Euro zurück, von denen nur 300000 Euro während des Rests der Arbeitsperiode anzulegen sind. Ende der zweiten Arbeitsperiode werden also 300000 Euro davon freigesetzt. In welchem Zustand befinden sich diese 300000 Euro? Wir wollen annehmen, dass 1/3 für Arbeitslohn, 2/3 für Roh- und Hilfsstoffe auszulegen sind. ... Es wird also von den Marktverhältnissen abhängen, ob er (der Kapitalist) diese 200000 Euro sofort wieder ganz oder nur zum Teil in überschüssigen produktiven Vorrat verwandeln oder sie ganz oder teilweise in Erwartung günstigerer Marktverhältnisse als Geldkapital festhalten wird. Andrerseits versteht sich von selbst, dass der in Arbeitslohn auszulegende Teil = 200000 Euro in Geldform festgehalten wird.“ K. Marx, Kapital 2.: 284.

„Dies Hereinkommen des zur Verwandlung der Umlaufszeit von Kapital I in Produktionszeit nötigen Zuschusskapitals vermehrt also nicht nur die Größe des vorgeschossenen Kapitals und die Länge der Zeit, wofür das Gesamtkapital notwendig vorgeschossen wird, sondern es vermehrt auch spezifisch den Teil des vorgeschossenen Kapitals, der als Geldvorrat existiert....“ K. Marx, Kapital 2.: 267.
b) Verkürzen sich die Zirkulationszeiten, dann setzt das überflüssiges Kapital frei. Verlängern sich die Zirkulationszeiten dann macht das weiteres Zuschusskapital nötig. Beide Wirkungen sind störend:
„Nehmen wir in unserm Beispiel an, die Zirkulationszeit verkürze sich von 3 Wochen auf 2. Dies sei nicht normal, sondern etwa Folge guter Geschäftszeit... etc.
Das Kapital von 600000 Euro, das während der Arbeitsperiode ausgelegt worden, fließt eine Woche früher als nötig zurück, es ist also für diese Woche freigesetzt... Da dies nicht nur einen Kapitalisten betrifft, sondern viele und zu verschiedenen Perioden in verschiedenen Geschäftszweigen sich ereignet, so erscheint hiermit mehr verfügbares Geldkapital auf dem Markt...
Man sieht hieraus, wie ein Überfluss von Geldkapital entstehen kann - und zwar nicht nur in dem Sinn, dass das Angebot von Geldkapital größer ist als die Nachfrage; dies ist immer nur ein relativer Überfluss, die z.B. stattfindet in der ‚melancholischen Periode‘, welche nach Ende der Krise den neuen Zyklus eröffnet. Sondern in dem Sinn, dass für die Betreibung des gesamten gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses (welcher den Zirkulationsprozess einschließt), ein bestimmter Teil des vorgeschossenen Kapitalwerts überflüssig und daher in der Form von Geldkapital ausgeschieden ist; ein Überfluss, entstanden bei gleichbleibender Stufenleiter des Produktion und gleichbleibenden Preisen durch bloße Kontraktion der Umschlagsperiode.“ K. Marx, Kapital 2.: 285.
„Das so durch den bloßen Mechanismus der Umschlagsbewegung freigesetzte Geldkapital (neben dem durch allmählichen Rückfluss des fixen Kapitals und dem in jedem Arbeitsprozess für variables Kapital nötigem Geldkapital) muss eine bedeutende Rolle spielen, sobald sich das Kreditsystem entwickelt, und muss zugleich eine der Grundlagen desselben bilden.“ K. Marx, Kapital 2.: 284.
„Nehmen wir umgekehrt an, die Zirkulationsperiode verlängere sich, sage von 3 Wochen zu 5.... Bei längerer Dauer dieses Zustandes könnte ... Kontraktion des Produktionsprozesses ... eintreten. Um aber den Prozess auf derselben Stufenleiter fortzuführen, müsste das vorgeschossene Kapital für die ganze Dauer dieser Verlängerung der Zirkulationsperiode ... vermehrt werden. Dies Zusatzkapital kann nur dem Geldmarkt entnommen werden.“ K. Marx, Kapital 2.: 285f.
„Die Ökonomen, bei denen überhaupt nichts Klares über den Mechanismus des Umschlags zu finden ist, übersehn fortwährend dies Hauptmoment, dass stets nur ein Teil des industriellen Kapitals tatsächlich im Produktionsprozess engagiert sein kann, wenn die Produktion ununterbrochen vorangehen soll. Während der eine Teil sich in der Produktionsperiode befindet, muss stets ein andrer Teil sich in der Zirkulationsperiode befinden.
Oder mit andern Worten, der eine Teil kann nur als produktives Kapital fungieren unter der Bedingung, dass ein andrer Teil in der Form von Waren- oder Geldkapital der eigentlichen Produktion entzogen bleibt.
Indem dies übersehen wird, wird überhaupt die Bedeutung und Rolle des Geldkapitals übersehen.“ K. Marx, Kapital 2.: 269.

Diese Kurzfassung aller drei Kapital-Bände online verzichtet auf die Vertiefung von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx' Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen Worten.
Jedem neuen Abschnitt geht eine Zusammenfassung des vorherigen Abschnitts voran.
Auslassungen im laufenden Text sind durch drei Punkte  ...  kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von Marx sind
normal fett gedruckt.
Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe der Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25.
Wo es dem Verständnis dient, habe ich veraltete Fremdwörter, alte Maßeinheiten und teilweise auch Zahlenangaben  modernisiert. Alle diese und andere Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver Schrift.
Rückfragen zum Text werde ich möglichst rasch beantworten. Kritik und Anregungen sind jederzeit willkommen.
Wal Buchenberg