Kapital I.: 200-213 Marx stellt zunächst den Arbeitsprozess dar, wie er
allen Gesellschaftsformen gemeinsam ist. Im Unterschied zum tierischen
Einwirken auf die Natur ist die menschliche Arbeit eine geplante und
zweckgerichtete Veränderung der Natur, wobei der Mensch sich die
Naturkräfte selber zunutze macht und sie als Werkzeuge seines Gehirns und
seiner Hände einsetzt. Als Resultat des Arbeitsprozesses erscheint das
Produkt als die Verwirklichung der Idee des Produzenten. 2.
Verwertungsprozess Zu welchem Zweck
kaufte unser Kapitalist Arbeitskraft und
Produktionsmittel? „... Unserem Kapitalisten
handelte es sich um zweierlei. Erstens will er einen Gebrauchswert
produzieren, der einen Tauschwert hat, einen zum Verkauf bestimmten
Artikel, eine Ware. Und zweitens will er eine Ware produzieren, deren Wert
höher als die Wertsumme der zu ihrer Produktion nötigen Waren, der
Produktionsmittel und der Arbeitskraft, für die er sein gutes Geld auf dem
Warenmarkt vorschoss. Er will nicht nur einen Gebrauchswert produzieren,
sondern eine Ware, nicht nur Gebrauchswert, sondern Wert, und nicht nur
Wert, sondern auch Mehrwert.“ K. Marx, Kapital I.:
201. „In der Tat, da es sich
hier um Warenproduktion handelt, haben wir bisher offenbar nur eine Seite
des Prozesses betrachtet. Wie die Ware selbst Einheit von Gebrauchswert
und Wert, muss ihr Produktionsprozess Einheit von Arbeitsprozess und
Wertbildungsprozess sein. Betrachten wir den
Produktionsprozess nun auch als Wertbildungsprozess. K. Marx, Kapital I.:
201. In der nun folgenden
Beispielrechnung der Garnherstellung hatte Marx mit realistischen Mengen
und Preisen seiner Zeit gerechnet, die er von F. Engels erhalten hatte,
der damals als Manager in einer Garnfabrik arbeitete. Wir sind jedoch heute nicht mehr
gewohnt in englischen Shilling zu rechnen. Selbst für die von ihm
herausgegebene dritte deutsche Auflage von 1883 wollte F. Engels die
englischen Maßeinheiten aus folgenden Gründen nicht
ändern: „In der Naturwissenschaft
herrschte metrisches, auf dem Weltmarkt englisches Maß und Gewicht. Unter
solchen Umständen waren englische Maßeinheiten selbstverständlich für ein
Buch, das seine tatsächlichen Belege fast ausschließlich aus englischen
industriellen Verhältnissen zu nehmen genötigt war. Und dieser letzte
Grund bleibt auch noch heute entscheidend, um so mehr, als die bezüglichen
Verhältnisse auf dem Weltmarkt sich kaum geändert haben und namentlich für
die ausschlaggebenden Industrien – Eisen und Baumwolle – englisches Maß
und Gewicht noch heute fast ausschließlich herrscht.“ (Kapital I.: 34).
Diese Gründe für die
Beibehaltung der alten Maße sind inzwischen weggefallen. Daher wurden von
mir dort, wo es dem leichteren Verständnis dient, moderne Maße und
Gewichte benutzt. Im folgenden Beispiel
wurden alle Shilling-Preise des Originals von mir mit 15 multipliziert, so
dass hier in Euro gerechnet werden kann, aber alle Größenverhältnisse
untereinander gleich blieben. Der Arbeitstag wurde
von mir mit 8 Stunden statt der 12 Stunden bei Marx gerechnet. Die
Gewichtsangaben habe ich nicht geändert. Wie immer stehen alle
Textteile, die modernisiert sind und nicht den originalen Wortlaut von K.
Marx wiedergeben, in kursiver Schrift. wb „Es ist also zunächst die
in diesem Produkt vergegenständlichte Arbeit zu berechnen.“ K. Marx,
Kapital I.: 201. „Es sei z.B.
Garn. Zur Herstellung des Garns
war zuerst sein Rohmaterial nötig, z.B. 10 Pfund Baumwolle. Was der Wert
der Baumwolle, ist nicht erst zu untersuchen, denn der Kapitalist hat sie
auf dem Markt zu ihrem Wert, z.B. zu 150 Euro gekauft. In dem Preis
der Baumwolle ist die zu ihrer Produktion benötigte Arbeit schon
als allgemein gesellschaftliche Arbeit dargestellt. Wir wollen ferner
annehmen, dass die in der Verarbeitung der Baumwolle verzehrte
Spindelmasse, die uns alle anderen aufgewandten Arbeitsmittel
repräsentiert, einen Wert von 30 Euro
besitzt. Ist ein Geldbetrag
von 180 Euro das Produkt von 16 Arbeitsstunden oder
zwei Arbeitstagen, so folgt zunächst, dass im Garn zwei Arbeitstage
vergegenständlicht sind.“ K. Marx, Kapital I.: 201. „Die zur Produktion der
Baumwolle nötige Arbeitszeit ist Teil der zur Produktion des Garns,
dessen Rohmaterial sie bildet, nötigen Arbeitszeit und deshalb im
Garn enthalten. Ebenso verhält es sich mit der Arbeitszeit, die zur
Produktion der Spindelmasse nötig ist, ohne deren Verschleiß oder
Konsum die Baumwolle nicht versponnen werden kann. ... Die Werte der
Produktionsmittel, der Baumwolle und der Spindel, ausgedrückt in dem
Preise von 180 Euro bilden also Bestandteile des Garnwerts oder des
Werts des Produkts.“ K. Marx, Kapital I.: 202-203 „Wir wissen jetzt,
welchen Teil des Garnwerts die Produktionsmittel, Baumwolle und Spindel,
bilden. Er ist gleich 180 Euro oder die Verkörperung
von zwei Arbeitstagen. Es handelt sich also nun
um den Wertteil, welchen die Arbeit des Spinners selbst der Baumwolle
zusetzt.“ K. Marx, Kapital I.: 203. „Es ist nun entscheidend
wichtig, dass während der Dauer des Prozesses, d.h. der Verwandlung von
Baumwolle in Garn, nur die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit
verzehrt wird. Müssen unter normalen, d.h. durchschnittlich
gesellschaftlichen Produktionsbedingungen, a Pfund Baumwolle während einer
Arbeitsstunde in b Pfund Garn verwandelt sein, so gilt nur der Arbeitstag
als Arbeitstag von 8 Stunden, der 8 x a Pfund Baumwolle in
8 x b Pfund Garn verwandelt. Denn nur die gesellschaftlich
notwendige Arbeitszeit zählt als wertbildend.“ K. Marx, Kapital I.:
204. „Beim Verkauf der
Arbeitskraft wurde unterstellt, dass ihr Tageswert = 45 Euro, und
in ... 4 Arbeitsstunden verkörpert sind, dies Arbeitsquantum also
nötig ist, um die Durchschnittssumme der täglichen Lebensmittel des
Arbeiters zu produzieren.“ K. Marx, Kapital I.: 205.
„Sehen wir uns den
Gesamtwert des Produkts, der 10 Pfund Garn an. In ihnen sind 2,5
Arbeitstage vergegenständlicht, 2 Tage enthalten in Baumwolle und
Spindelmasse, 0,5 Tage Arbeit eingesaugt während des Spinnprozesses.
Dieselbe Arbeitszeit stellt sich in einem Geldbetrag von 225
Euro dar. Der dem Wert der 10 Pfund Garn adäquate Preis beträgt also
225 Euro, der Preis eines Pfundes Garn 22,5 Euro.“ K. Marx,
Kapital I.: 205. „Unser Kapitalist stutzt.
Der Wert des Produkts ist gleich dem Wert des vorgeschossenen Kapitals.
Der vorgeschossene Wert hat sich nicht verwertet, keinen Mehrwert erzeugt,
Geld hat sich also nicht in Kapital verwandelt. Der aufgeschwollene Wert
des Garns hilft nichts, denn sein Wert ist nur die Summe der früher auf
Baumwolle, Spindel und Arbeitskraft verteilten Werte, und aus einer
solchen bloßen Addition vorhandener Werte kann nun nimmermehr ein Mehrwert
entspringen. Diese Werte sind jetzt
alle auf ein Ding konzentriert, aber so waren sie in der Geldsumme von
225 Euro, bevor diese sich durch drei Warenkäufe zersplitterte.“ K.
Marx, Kapital I.: 205. „Sehn wir näher zu. Der
Tageswert der Arbeitskraft betrug 45 Euro, weil in ihr selbst ein
halber Arbeitstag vergegenständlicht ist, d.h. weil die täglich zur
Produktion der Arbeitskraft nötigen Lebensmittel einen halben Arbeitstag
kosten. Die erstere bestimmt
ihren Tauschwert, die andre bildet ihren
Gebrauchswert. Dass ein halber
Arbeitstag nötig, um ihn während 24 Stunden am Leben zu erhalten, hindert
den Arbeiter keineswegs, einen ganzen Tag zu
arbeiten. Der Wert der Arbeitskraft
und ihre Verwertung im Arbeitsprozess sind also zwei verschiedene Größen.
Diese Wertdifferenz hatte der Kapitalist im Auge, als er die Arbeitskraft
kaufte.“ K. Marx, Kapital I.: 207-208. „Der Geldbesitzer hat den
Tageswert der Arbeitskraft gezahlt; ihm gehört daher ihr Gebrauch während
des Tages, die tagelange Arbeit.“ K. Marx, Kapital I.:
208. „Unser Kapitalist hat den
Fall ... vorhergesehen. Der Arbeiter findet daher in der Werkstätte
die nötigen Produktionsmittel nicht nur für einen vierstündigen,
sondern für einen achtstündigen Arbeitsprozess. Saugten 10 Pfund
Baumwolle 4 Arbeitsstunden ein und verwandelten sich in 10 Pfund
Garn, so werden 20 Pfund Baumwolle 8 Arbeitsstunden einsaugen und
in 20 Pfund Garn verwandelt. Betrachten wir das
Produkt des verlängerten Arbeitsprozesses. In den 20 Pfund Garn sind
jetzt 5 Arbeitstage vergegenständlicht, 4 in der verzehrten Baumwoll- und
Spindelmasse, 1 von der Baumwolle eingesaugt während des Spinnprozesses.“
K. Marx, Kapital I.: 208. Aber die Wertsumme der in
den Prozess geworfenen Waren betrug 405 Euro. Der Wert des Garns
beträgt 450 Euro. Der Wert des Produkts ist um 1/9 gewachsen über
den zu seiner Produktion vorgeschossenen Wert. So haben sich 405
Euro in 450 Euro verwandelt. Sie haben einen Mehrwert von 45
Euro gesetzt. Das Kunststück ist endlich gelungen. Geld ist in Kapital
verwandelt.“ K. Marx, Kapital I.: 208-209 „Alle Bedingungen des
Problems sind gelöst und die Gesetze des Warentausches in keiner Weise
verletzt. Äquivalent (Wertgleiches) wurde gegen Äquivalent
(Wertgleiches) ausgetauscht. Der Kapitalist zahlte als Käufer jede
Ware zu ihrem Wert, Baumwolle, Spindelmasse, Arbeitskraft. Er tat dann,
was jeder andre Käufer von Waren tut. Er konsumierte den Gebrauchswert.
Der Konsumtionsprozess der Arbeitskraft ... ergab ein Produkt von 20 Pfund
Garn mit einem Wert von 450 Euro.“ K. Marx, Kapital I.: 209
„Der Kapitalist kehrt nun
zum Markt zurück und verkauft Ware, nachdem er Ware gekauft hat. Er
verkauft das ... Garn zu 450 Euro, keinen Deut über oder unter
seinem Wert. Und doch zieht er 45 Euro mehr aus der Zirkulation
heraus, als er ursprünglich in sie hineinwarf.“ K. Marx, Kapital I.: 209
„Vergleichen wir nun
Wertbildungsprozess und Verwertungsprozess, so ist der Verwertungsprozess
nichts als ein über einen gewissen Punkt hinaus verlängerter
Wertbildungsprozess. Dauert der letztre nur bis zu dem Punkt, wo der vom
Kapital gezahlte Wert der Arbeitskraft durch ein neues Äquivalent
(Wertgleiches) ersetzt ist, so ist er einfacher
Wertbildungsprozess. Dauert der Wertbildungsprozess über diesen Punkt
hinaus, so wird er Verwertungsprozess.“ K. Marx, Kapital I.:
209. „Als Einheit von
Arbeitsprozess und Wertbildungsprozess ist der Produktionsprozess
Produktionsprozess von Waren; als Einheit von Arbeitsprozess und
Verwertungsprozess ist er kapitalistischer Produktionsprozess,
kapitalistische Form der Warenproduktion.“ K. Marx, Kapital I.:
211. „Man sieht: der früher
aus der Analyse der Ware gewonnene Unterschied zwischen der Arbeit, soweit
sie Gebrauchswert, und derselben Arbeit, soweit sie Wert schafft, hat sich
jetzt als Unterscheidung der verschiedenen Seiten des Produktionsprozesses
dargestellt.“ K. Marx, Kapital I.: 211. Zur Methode dieser
Online-Lektüre: Diese
Kurzfassung aller drei Kapital-Bände verzichtet auf die Vertiefung
von Einzelfragen, bietet aber den vollständigen Gedankengang von Marx'
Hauptwerk im Zusammenhang und in seinen eigenen
Worten. Jedem
neuen Abschnitt wird eine Zusammenfassung des bisherigen Gedankengangs
vorangestellt. Wo es dem
Verständnis dient, wurden Fremdwörter, Maßeinheiten und teilweise auch
Zahlenbeispiele modernisiert. Diese und andere
Textteile, die nicht wörtlich von Marx stammen, stehen in kursiver
Schrift. Auslassungen
im laufenden Text sind durch drei Punkte ... kenntlich gemacht.
Hervorhebungen von
Marx sind normal fett
gedruckt. Jedes
Zitat enthält die Seitenangabe der
Marx-Engels-Werke, Bände 23 - 25. Wal Buchenberg
|