Subunternehmen profitabler als eigene Lohnarbeiter?
Vor dem Arbeitsgericht erschienen sind der Kläger, 33 Jahre, kräftiger Typ, randlose Brille mit Rechtsanwalt und der Beklagte mit Rechtsanwalt, Geschäftsführer einer Tiefbaufirma, ähnlichen Alters und ähnlicher Typ wie der Lohnarbeiter, dicke Hornbrille, beide tragen kariertes Hemd und beige Freizeitjeans.

Dem Angeklagten, der seit 1991 für das Unternehmen gearbeitet hatte, war zusammen mit etlichen anderen betriebsbedingt und fristgerecht zum 31.1.2002 gekündigt worden. Die Firma hatte als Grund geltend gemacht, dass die Tätigkeitsbereiche der gekündigten Lohnarbeiter nur noch über Subunternehmen abgewickelt werden würden.

Vier der dann folgenden Kündigungsklagen waren in erster Instanz abgewiesen worden. Die Klage eines Schwerbehinderten liegt noch bei der Hauptfürsorgestelle. Der vorliegende Fall wird verhandelt, weil der Kläger geltend machte, dass die Firma Arbeiten, mit denen er beschäftigt war, immer noch mit eigenen Leuten und nicht über Subunternehmen erledigte. Sein Kündigungsgrund sei nur vorgeschoben gewesen.

Sein Rechtsanwalt habe mit eigenen Augen gesehen, dass im September 2002 zwei Leute im Overall der Firma und mit Gerät der Firma – einem Kompressor mit dem Firmenlogo und einem Bagger - an einem Fernheizungsrohr gearbeitet hatten.
Der Richter meinte zum Geschäftsführer: Wenn dem so ist, dass Sie solche Arbeiten noch mit eigenen Leuten machen, dann ist der Prozess für Sie verloren. Im Zweifelsfall müssen Sie alle Ihre Auftragsbücher vor Gericht vorlegen.
Der Richter rechnet dem Geschäftsführer vor, dass er im ungünstigsten Fall nach Sozialplanregeln rund 12.000 Euro zahlen müsse. Dann schlägt er eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes von 3000 Euro vor.
Der Kläger war nach der Kündigung ein halbes Jahr arbeitslos und hat jetzt wieder Arbeit auf Probe über einen Zeitvertrag.
Die Parteien wollen sich beraten und einigen sich nach zehn Minuten auf dem Flur auf eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes von 4000 Euro.

Bemerkenswert finde ich, dass ein Bauunternehmer offenbar größeren Profit erwarten kann, wenn er auf eigene Lohnarbeiter verzichtet und Fremdunternehmen beschäftigt, die ja nicht nur Lohnkosten haben, sondern auch noch einen Unternehmerprofit machen wollen.
Oder handelt es sich bei diesen Subunternehmern nur dem Namen nach um kapitalistische Unternehmer und in Wirklichkeit um Lohnarbeiter, die weder über die Vorteile eines Lohnarbeiters (festes Einkommen durch Dauerstellung) noch über die Vorteile eines Kapitalisten (Gewinne, d.h. Einkommen aus fremder Arbeit) verfügen können?
Wal Buchenberg, 21.01.2003.