Zeitvertrag für Lehrer ohne Urlaub/Ferien

 

Ohne Anwälte erscheinen die Parteien vor Gericht:

- Der Kläger (Mathematiklehrer, ca. 40) kommt mit Brille und Schultasche.

- Als Beklagter tritt sein Dienstherr an: der Bürgermeister in Begleitung des Kämmerers u. des Schulleiters. Die Herren sind schon jahrzehntelang für die städtische Realschule zuständig.

 

Der Richter, so um die 40 Jahre alt, erörtert die aus seiner Sicht komplizierte Vertragsgestaltung: Der Kläger kam im September als Krankheitsvertretung für zunächst 18 Wochen. Danach unterrichtete er weiter, weil die zu vertretende Lehrerin weiterhin krank war. Eine schriftliche Vertragsverlängerung bekam er nicht. Erst 3 Arbeitswochen nach Vertragsablauf legte man dem Kläger einen Anschlussvertrag zur sofortigen Unterzeichnung vor. Der Kläger prüfte u. bat darum, die kommenden Sommerferien wenigstens teilweise mit einzuschließen in die Befristungsdauer. 3 Wochen später war immer noch kein schriftlicher Anschlussvertrag abgeschlossen. Aber man setzte den Kläger unter Druck: Entweder Befristung ohne Sommerferien akzeptieren oder sofortige Entlassung wegen Vertragsablehnung. Der Kläger weigerte sich weiterhin, den zu kurz befristeten Vertragsentwurf zu unterzeichnen - bis zum 20.April. Da wurde der Kläger tatsächlich beurlaubt u. versuchsweise entlassen.

Der Richter fragt nach, ob es wirklich so zuging. Allseitige Zustimmung. Der Schulleiter ergänzt mit seiner Behauptung, es sei doch rechtzeitig mündlich vereinbart, den Arbeitsvertrag zu befristen zum Schuljahresende. Gemäß Treu u. Glauben sei der Kläger zur Unterzeichnung des vorgelegten Vertragsentwurfs verpflichtet gewesen.

 

Der Richter spricht sachlich weiter u. erklärt dem Beklagten, dass das nicht geht in Deutschland. Befristungstermine gemäß Dienstherrenwunsch lassen sich gut durchsetzen vor Befristungsablauf u. in Schriftform. Der zu Befristende wird dann darauf eingehen, denn das Beschäftigungsende liegt drohend nahe. Der Richter erklärt, wie es klappt als Dienstherr mit dem zu befristenden Lohnabhängigen. Ist der Lohnabhängige bereits 6 Monate da und hat keinen Arbeitsvertrag, so braucht man für die Entlassung einen Grund.

 

Der Bürgermeister schüttelt über den Fall nur den Kopf. Der Kämmerer äußert sich sehr abwertend über den Kläger und der Schulleiter verwendet das Wort unzumutbar für seine weitere Beschäftigung, ohne dafür konkrete Gründe zu nennen. Schließlich trägt der Kämmerer als betriebsbedingten Kündigungsgrund vor, die zu vertretende Lehrerin sei bald wieder gesund und würde trotz Krankschreibung schon wieder 4 Stunden pro Woche unterrichten. Deswegen sei kein Arbeitsplatz frei. Der Kläger erklärt, warum er in den Sommerferien nicht arbeitslos sein will: Er darf wie ein Beamter keine Vorteile annehmen laut Arbeitsvertrag und will einkommensmäßig dazu in der Lage sein - auch nach der Zeugnisausgabe u. in den Ferien.

 

Der Richter bereitet eine gütliche Einigung vor. Dem Beklagten hält er sein Versäumnis vor: Der Anschlussvertrag war schriftlich abzufassen. Andernfalls kam der Weiterarbeitende in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Dem Kläger hält er den voraussichtlich endenden Krankenvertretungsbedarf als betriebsbedingten Kündigungsgrund zum Schuljahresende vor Augen.

Nach Minuten des Überlegens wird folgender Vergleich geschlossen: Der Kläger wird sein Gehalt bis in die Sommerferien bekommen.

 

Der Richter äußert zum Abschluss seine Meinung über die rechtliche Stellung v. Lehrkräften: Der Staat möchte die Lehrkräfte aus Kostengründen zu Angestellten machen, hätte sich dabei aber nicht überlegt, dass die Lehrkräfte dann streiken dürften. Bei einem entsprechenden Organisationsgrad sei der Staat erpressbar, denn im Streikfall müssten viele Eltern ihre Kinder selbst beaufsichtigen. Kosteneinsparungen seien damit aber nicht zu erwarten, eher das Gegenteil.

Karsten Scheunemann 15.7.04