Badewanne als Kündigungsgrund
Vor dem Arbeitsgericht sind erschienen: ein älterer Arbeiter, der weiße Cowboy-Stiefeln trägt,  mit Rechtsanwalt, und der Geschäftsführer eines Installationsbetriebes.
Der zu 30 Prozent behinderte Arbeiter klagt gegen die Kündigung zum 30.11.2002.

Der Kündigung war eine Abmahnung vorausgegangen, weil der Arbeiter statt einer weißen eine graue Badewanne eingebaut hatte. In dem Haus wurden sämtliche Badezimmer renoviert. Als die letzte Badewanne vom LKW abgeladen wurde, stellte jemand fest, dass diese Wanne nicht weiß, sondern grau war. Der Arbeiter, der Vorarbeiter an der Baustelle war, meinte: „Das macht nischt!“ und baute die graue Wanne in ein weiß gekacheltes Badezimmer ein.

Der Richter äußerte Zweifel, ob das für eine Kündigung ausreiche. Der Geschäftsführer erklärte, das sei nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe. Davor sei der Arbeiter abgemahnt worden wegen eines Wasserschadens, den er mit einer schlecht eingebauten Toilette verursacht habe. Davor habe es eine Abmahnung wegen einer schiefen Gasleitung gegeben, so gehe eins ins andere.

Der Richter lässt noch nicht locker: Zwischen jeder Abmahnung liegt ein ganzes Jahr. Die erste Abmahnung war aus dem Jahr 2000, die nächste war in 2001, jetzt ist 2002.
Der Rechtsanwalt des Unternehmens fragt, was denn noch alles passieren solle, damit eine verhaltensbedingte Kündigung rechtens sei. Er habe doch hier vor dem selben Richter vor kurzem einen Zeitungsausträger verteidigt, der an fünf Tagen seine Zeitungen nicht alle korrekt ausgetragen hatte. Damals fand derselbe Richter eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung für rechtens.

Der Geschäftsführer schaltet sich ein: Er habe nichts gegen diesen Arbeiter. Der sei jetzt 60 Jahre alt, habe einen leichten Dachschaden, weil er vom Gerüst gefallen ist, sein Arm ist kaputt und einen Herzinfarkt habe er auch gehabt. Es ist eine Sauerei, dass so jemand nicht mindestens 60 Prozent Arbeitsunfähigkeit bescheinigt bekommt. Er ist aber zu dumm, um eine Schwerbehinderung beim Amtsarzt zu erreichen.
Er sei einverstanden, wenn der Arbeiter noch ein Jahr bis zu seinem 61. Geburtstag am 24.1.2004 in seinem Betrieb arbeitet, aber dann müsse endgültig Schluss sein. Dann kommt er mit Arbeitslosengeld und Frühverrentung schon irgendwie über die Runden.

Hatte dieser Firmenchef menschliche Regungen gegenüber seinem Arbeiter oder war er nur klug genug, auf einen kurzfristigen Vorteil zu verzichten, um seine langfristigen Interessen zu erreichen?

Wal Buchenberg, 26.11.2002