Bibliotheksleiter will eine Daueranstellung mit BAT I a.


Vor dem Arbeitsgericht erschienen ist Herr M., ein Herr Ende Fünfzig mit Rechtsanwältin als Kläger und der Rechtsanwalt seines Dienstherrn als Beklagter.
Herr M. übt in einer staatlichen Bibliothek eine „höherwertige Tätigkeit“ mit Zeitvertrag aus. Herr M. klagt nun gegen die zeitliche Befristung dieser Tätigkeit.
Es begab sich in dieser Bibliothek, dass Herr M., der zu dieser Zeit ebenfalls per Zeitvertrag arbeitete, von seinem Dienstherrn die Aussicht erhielt, auf eine neu zu schaffende Stelle mit der „höherwertigen“ Bezahlung von BAT I a unbefristet übernommen zu werden.
Aus Gründen, die schwer darstellbar sind, wurde aus dieser Stellenvergabe nichts. Herr M. geht zwar immer noch seiner „höherwertigen Tätigkeit“ in dieser Bibliothek nach, aber wieder nur mit einem erneuerten Zeitvertrag. Auf „seiner“ unbefristeten Stelle sitzt aber ein anderer. Das gibt Herrn M. Grund zur Klage.

Der Richter äußert sein Verständnis für die persönliche Enttäuschung, die Herr M. hat hinnehmen müssen, aber fragt mehrmals nach juristisch greifbaren Gründen, die ihm als Arbeitsrichter erlauben, der Klage von Herrn M. stattzugeben.
Herr M. macht dazu im Dialog mit dem Richter längere Ausführungen, während der Rechtsanwalt des Dienstherrn ebenso schweigt wie der juristische Beistand von Herrn M.
Herr M. macht geltend, dass sein Dienstherr ihm diese Stelle fest versprochen habe, und nur, um die Zeit bis zur Stellenausschreibung zu überbrücken, habe er seinen damaligen Zeitvertrag nochmals befristet verlängert. Diese schriftliche Festlegung galt Herrn M. offenbar weniger als die mündliche geäußerte Ansicht seines Dienstherrn, dass er in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden solle.
Herr M., zu dessen höherwertiger Tätigkeit auch „juristische Beratung“ gehört, macht weiter als Unrecht geltend, dass es erst hieß, es brauche keine Stellenausschreibung. Dann wurde „seine“ Stelle doch öffentlich ausgeschrieben – so ist es gesetzliche Vorschrift, warf der Richter ein –, aber Herrn M. wurde vom Personalrat gesagt, es sei doch ganz klar, „wer die Stelle bekomme“.
Schließlich bekam aber doch ein ganz anderer die Stelle und ganz ohne Ausschreibung, einer, wie Herr M. betonte, bei einer ordentlichen Stellenvergabe gar keine Chance gehabt hätte.

Herr M. deutet also an, es sei nicht nur ihm persönlich Unrecht geschehen, sondern auch bei der Stellenvergabe nicht mit rechten Dingen zugegangen. Diese Enthüllungen verursachen weder einen Aufschrei der Empörung bei dem Herrn Richter noch bei den anwesenden Rechtsanwälten. Herr M. hat damit sein Drohpotential verschossen, ohne eine Wirkung zu erzielen. Der Richter empfiehlt der Rechtsanwältin dringend, sich mit ihrem Mandanten zu beraten.

Diese Beratung fand außerhalb des Verhandlungszimmers statt, und hatte offenbar die Warnung zum Inhalt, dass Herr M. seinen Arbeitsprozess verlieren werde. Angesichts der drohenden Prozessniederlage kehrte Herr M. mit einem „Vergleichsvorschlag“ zurück: Er bot seinem Dienstherrn an, seine Klage zurückzuziehen unter der Bedingung, dass sein Arbeitsverhältnis, das noch bis zu seiner Verrentung im Jahr 2006 reicht, zwar befristet bleibt, aber die Bezahlung auf BAT I a aufgestockt wird.
Die Gegenseite lehnte das ab. Das Verfahren wurde geschlossen. Das Urteil wird später verkündet. Die Verhandlung über die höherwertigen Enttäuschungen eines Bibliotheksleiters vor dem Arbeitsgericht dauerte eine Dreiviertelstunde - in dieser Zeit segnet das Arbeitsgericht sonst drei fristlose Kündigungen ab.
Wal Buchenberg, 13.11.2002.